In Gibraltar im Hafen hab ich Familie Baici getroffen und bin mit ihnen in 6 Tagen über den Atlantik bis auf die Kanaren. In einem kurzen Tagebuch berichte ich über die Überfahrt und die tolle Zeit, die wir miteinander hatten. Mehr zu meiner Suche nach einem Schiff findet ihr in meinem Blogbeitrag zu Gibraltar.
Familie Baici sind Fedi und Silke mit den Kids Stella und Siro – eine wahnsinnig nette Schweizer Familie! Sie haben vor ein paar Monaten alles in Zürich aufgelöst und reisen nun mit ihrem Katamaran „Beso del Viento“ um die Welt.
Tag 0: Es kann losgehen!
Montag, 8. November: Morgen geht’s los! Eigentlich wollten wir heute ablegen, aber dann wurde es aus verschiedenen Gründen spät und wir bleiben noch eine Nacht. Hab eben Cocktails gemixt (meine Bar hat gepunktet) und dann Broccoli-Pasta gekocht. (Bin jetzt mit einem Italiener an Bord und darf nicht mehr Nudeln sagen.)
Der erste Eindruck hat auf beiden Seiten nicht getäuscht: wir verstehen uns bestens und werden ne gute Zeit miteinander haben! Fedi und Silke waren vor 20 Jahren in Mexiko und uns verbindet die Liebe zu Taco und Mariachi. Und die Kids Stella und Siro spielen gerne Karten- und Brettspiele, das werden wir bestimmt viel machen.
Tag 1: Endlich auf dem Meer!
Sitze gerade in meiner ersten Nachtschicht von 3 – 6 Uhr morgens. Freue mich, dass die beiden mir direkt vertrauen und ich helfen kann. Dass war aber auch ihre Bedingung, dass sie jemanden mitnehmen, der sich auf Segelbooten auskennt (eigentlich wollten sie niemanden mitnehmen).
Noch ist nicht viel Wind, also fahren wir unser Motor. Freuen uns aber alle schon auf den Moment, in dem wir die Segel setzen.
Hab heute noch den Empfang von Spanien genutzt, jetzt ist Funkstille – auch mal schön! Hab dann noch Siro ein bisschen Gitarrenunterricht gegeben, Virus gespielt (super Kartenspiel) und einen tollen Sonnenuntergang gesehen. Heute Nacht ist Vollmond, sodass ich gut Ausguck halten kann. Ich bin glücklich!
Tag 2: Die Freiheit der Ozeane
Heute morgen kam Wind auf und wir waren mit Segeln sogar etwas schneller als unter Motor. Jetzt gegen Nachmittag ist es wieder etwas abgeflacht und wir brauchen Unterstützung vom Motor :/
Das Land ist schon seit heute Nacht außer Sicht, sodass wir neben dem Atlantik nur noch ab und zu ein Schiff sehen. Es ist so schön, von Wasser umgeben zu sein. Ich fühle mich frei! Stella meinte gestern, dass man ja schon auch ein bisschen eingesperrt ist auf engem Raum, aber so hab ich das noch nie gesehen. Wüsste nicht, wo man sich freier fühlen kann als ich mich gerade hier. Es ist auch echt schön, keinen Empfang zu haben.
Haben die Angeln ausgebracht aber bisher nichts gefangen. Dafür haben Stella, Silke und ich uns heute die Zehennägel lackiert. In meiner Familie ist das beim Segeln seit Jahren Pflicht. Und da wir hier keine halben Sachen machen, haben wir gleich 5 verschiedene Farben genommen.
Tag 3: Eierlegender Woll-Milch-Kai
Fische haben wir immer noch keine gefangen.. Dafür aber Delfine gesehen und wie. Heute sind ca. 4 Stunden lang welche mit uns mitgeschwommen. Wir haben sogar einige Sprünge beobachten können. Den höchsten hab ich verpasst, aber Fedi hat ihn auf der GoPro!
Schon gestern habe ich Musik gemacht und wir haben zusammen gesungen. Heute haben wir Fedis E-Gitarre und meinen Verstärker rausgeholt und ich hab einige Songs gespielt. Ein paar haben wir auch aufgenommen – das mit Abstand coolste Setting, das ich für Songaufnahmen je hatte!
Silke hat mich heute „Eierlegender Woll-Milch-Kai“ genannt, weil ich alles mitbringe, was sie sich von einem Mitsegler wünscht. Das hat mich sehr gefreut! Ich fühle mich hier auch super wohl. Mit den Kids verstehe ich mich prächtig, genauso mit Silke und Fedi. Das Schiff ist einfach sehr geräumig und wir haben als Katamaran auch beim Segeln andere Möglichkeiten. Also ich bin positiv überrascht, dachte Katamaran könnte evtl. etwas langweilig sein, weil er sich nicht so in den Wind legt (tut er auch nicht), aber dafür gibt’s andere coole Dinge und eben einfach viel mehr Platz als auf einer Segelyacht, wie ich sie bisher gefahren bin.
Fast schon ein bisschen schade, dass wir nur noch 3 gemeinsame Tage bis zu den Kanaren haben. Aber mal sehen, ich glaube wir alle denken ein bisschen drüber nach, ob wir nicht noch länger miteinander segeln wollen. Kommt aber auch darauf an, wie unsere Planungen zusammenpassen.
Tag 4: Karneval und Geburtstag
Wenn ich den 11.11 schon nicht in Köln verbringe, könnte ich ihn kaum schöner verbringen. Siro hatte heute Geburtstag und wir hatten einen wunderschönen Tag! Haben verschiedene Konstellationen der Segel probiert und zwischendurch auch mal kurz den Motor angeschmissen. Das Wetter bleibt superschön mit viel Sonne, der Wind könnte mehr sein.
Morgens haben wir ein ausgiebiges Geburtstags- und Karnevalsfrühstück gemacht und Kölsche Musik gehört. Die Geburtstagsdelfine, die ich Siro versprochen habe, kamen gegen Nachmittag und wie viele!!
Einen ersten Fisch haben wir heute gefangen. Von der kleinen Makrele wäre aber kaum eine Person sattgeworden, also haben wir sie wieder freigelassen.
Mehrere Vögel kamen bei uns auf dem Schiff vorbei, vermutlich auf ihrem Weg weiter Richtung Süden. Ein kleiner grüner Vogel hat es sich im Schiff gemütlich gemacht und schläft nun.
Neben ein paar Segelschiffen sehen wir immer mal wieder einen Tanker oder ein Containerschiff.
Bis gerade lagen wir zusammen an Deck und haben Sterne geschaut. Da der Mond noch nicht aufgegangen war, konnten wir einen super klaren Sternenhimmel bestaunen und die Milchstraße super klar erkennen! Außerdem haben wir Mars, Jupiter und Neptun gesehen! Und ich hab ein paar neue Sternbilder gelernt: unter anderem den Adler und den Delfin.
Tag 5: Entspannter Samstag
Heute war der erste Tag ohne Delfine. Wir haben insgesamt alle so ein bisschen unser Ding gemacht heute. Ich hab Bilder aussortiert, gekocht und Musik gemacht. Jetzt in der ersten Schicht von 21 – 0 Uhr hab ich das Schiff für mich, die anderen sind im Bett, damit sie genug Schlaf bekommen.
Solange der Mond noch nicht aufgegangen ist, sind unfassbar viele Sterne am Himmel zu sehen.
Morgen kommen wir je nach Wind irgendwann im Laufe des Tages an 😊
Tag 6: La Graciosa
Heute gegen frühen Morgen war mal ein bisschen Action. Ich hatte schon früh den Kurs angepasst, um mit genügend Abstand von 2sm an einem Fischer vorbeizufahren, doch auf einmal drehte er und fuhr auf vollem Kollisionskurs. Also Fahrt raus und das Schiff drehen. Da kam auf einmal richtig Wind und Welle auf. Bis zu 20 Knoten Wind und wir konnten einen richtig schönen, schaukeligen Am-Wind-Kurs fahren.
Heute Abend sind wir bei La Graciosa angekommen und ankern in einer Bucht hier. Morgen früh können wir dann rüberschauen nach Lanzarote 😊
Gleichzeitig wird man auch hier direkt mit der Abschottungspolitik der EU konfrontiert: Habe gestern einen Notruf mitgehört. Südlich von Lanzarote waren 45 Menschen in einem Schlauchboot in Seenot. Auf den Kanaren kommen auch häufig Boote aus verschiedenen afrikanischen Ländern an.
Ich werde jetzt ein bisschen die Kanarischen Inseln genießen und erkunden und mich aber auch bald schon auf die Suche nach dem nächsten Schiff über den Atlantik machen. Ich halte euch auf dem Laufenden!