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Nachdem ich mit der Beso del Viento schon von Gibraltar auf die Kanaren und von dort nach Kap Verde gesegelt bin, kannte ich Boot und Crew schon gut und so hab ich auch den dritten Teil erfolgreich gemeistert und bin wohlbehalten und munter in der Karibik angekommen!
Ich hab es also geschafft, den Atlantik mit einem Segelboot zu überqueren und von Deutschland bis in die Karibik zu trampen.
Wie die Überfahrt so war, was ich alles erlebt habe und einiges mehr, liest du in meinem Tagebuch. Viel Spaß beim Lesen!
Falls du Tipps zum Trampen auf Segelbooten suchst, findest du diese hier.

Tag 1:
Wir sind gestartet 😍 mein Traum wird wahr! Mit einem Segelboot über den Atlantik und das als Tramper! Ich bin happy: dass ich wieder auf dem Ozean bin, dass es weitergeht, dass ich bald in Lateinamerika sein werde und dass ich das ohne Flugzeug schaffe 💪
Die Abfahrt von den Kap Verden war unfassbar schön. Wir sind in den Sonnenuntergang gefahren und konnten auf Backbord die Vulkanlandschaft von São Vicente und auf Steuerbord die von Santo Antão bewundern 😍
Gerade hab ich meine erste Schicht, die gleich mit dem Sonnenaufgang startet ☺️
Da nun noch Peter dabei ist, haben wir 2,5h-Schichten und dann 10h-Pause. Sehr komfortabel 😊

Tag 2:
Der erste ganze Tag war sehr ruhig. Ich hab lange geschlafen. Teile der Crew müssen sich noch wieder etwas an die Bewegung gewöhnen, während andere Teile Schlaf von unserem Landgang nachholen müssen – insbesondere ich ✌🏻
Der Wind ist relativ konstant und bläst uns in guter Geschwindigkeit gen Westen.
Die Wellen sind ok, also nicht so hoch wie am Ende des letzten Trips, wo nicht mehr viel möglich war und wir kaum gekocht haben. Wir können also ganz gut kochen und haben schon lecker gegessen. Ich hab Pasta mit einer Gemüsesauce gemacht, gestern hatten wir Salat und wir haben noch frisches Brot. Bald müssen wir welches backen und hoffen, dass uns die Sonne genug Strom erzeugt.
Die Wellen sind allerdings auch nicht so niedrig wie wir sie schon hatten als alle ganz entspannt an Deck gechillt haben und wir gemeinsam gespielt, gekocht und gegessen haben. An Weihnachten hatten wir das und ich bin immer noch dankbar dafür ☺️
Wir hatten heute mehrere Fische an der Angel, doch die waren entweder zu groß und sind angesprungen oder sie waren zu klein und wir haben sie wieder reingeworfen 😊
Wenn ich wir sage meine ich natürlich Fedi und Siro. Ich habe keine Ahnung vom Angeln und finde das eigentlich auch ganz gut.

Tag 3:
Heute war es bewölkt aber wir haben trotzdem genug Strom produziert. Haben den Motor noch nicht anschmeißen müssen, um Strom zu produzieren 💪
Der Wind ist deutlich zurückgegangen. Wir fahren jetzt mit dem Wingaker, unserem Vorwindsegel. Das ist ein großes Segel das wir vorne vor das Boot spannen und das man nur Segeln kann, wenn der Wind ziemlich von hinten kommt. Außerdem darf dafür nicht zu viel Wind sein, da die Segelfläche sehr groß ist. Dann ist das Segel aber ein echter Game-Changer und wir waren auf einmal deutlich schneller als ein anderes Segelboot neben uns 😊
Außer dem Boot, das auch gleichzeitig mit uns aus Mindelo gestartet ist, haben wir übrigens noch kein anderes gesehen. Ein paar fliegende Fische sehen wir immer mal wieder und ich finde den Anblick immer noch faszinierend!

Tag 4 & 5:
3 andere Segelboote um uns herum! Mit zweien sind wir zeitgleich in Mindelo gestartet und hatten sie zeitweise verloren. Zwischendurch können wir sie auch mal mit dem Fernglas oder bloßen Auge sehen, die meiste Zeit sind sie aber nur auf dem AIS zu sehen.
AIS steht für Automatic Identification System und ist ein System mit dem Schiffsdaten zwischen Schiffen übertragen werden. Sehr praktisch, um zu wissen welche Schiffe um einen herum sind, welche evtl auf Kollisionskurs sind etc 😊
Aktuell sind wir dank unseres Wingakers deutlich schneller als die anderen Boote und hängen sie ab ☺️
Ein Viertel der Strecke haben wir jetzt geschafft, wir kommen gut voran!
Die Stimmung ist insgesamt gut und optimistisch. Man merkt aber schon, dass manchen zwischendurch langweilig wird und anderen das Boot mit so vielen Menschen zu eng ist. Wir sind ja auch schon seit einigen Wochen zusammen. Bei mir ist noch keins von beiden der Fall😊 ich lerne viel Portugiesisch, schaue Serie und mache Musik. Bin recht kreativ aktuell ☺️💪

Tag 6 und 7: Faules Gemüse, stabiles Obst und grüne Bananen
Die Zeit vergeht schnell und mir geht’s gut 😊 jeden Tag verschieben sich die Schichten um 1 Stunde. Aktuell hab ich mittags und Mitternachts jeweils 2,5h Schicht. Bald kriege ich die vollen Nachtschichten 🙈
Vorgestern mussten wir unser Wingaker runternehmen weil wir über 20 Knoten Wind hatten. Mit so viel Wind sind wir aber auch mit den normalen Segeln ziemlich fix. Seit gestern haben wir aber wieder das Wingaker hochgezogen und kommen gut voran. Haben schon fast die Hälfte 💪 im Durschnitt fahren wir 5,6 Knoten also etwas mehr als 10 km/h 😊
Wir produzieren viel Strom mit den Solarzellen. Wir müssen aber manchmal nachts den Motor kurz anschmeißen wenn wir tagsüber den Wassermacher nutzen oder viel kochen.
Wir haben dafür viel leckeres gegessen die letzten Tage: Couscous-Salat, Hummus, Pasta mit Pesto, Chili sin Carne und immer frisches Obst 😊
Leider hat sich das Gemüse teilweise nicht lange gehalten.. Das liegt meiner Vermutung nach an 2 Faktoren: 1. Die Bedingungen an Bord sind nicht ideal zum Lagern, es ist echt warm und wir haben nicht genug Kühlschränke, um dort das Gemüse zu lagern. (mittlerweile ersetzen wir den freiwerdenden Platz immer mehr mit Gemüse). Und 2. Auf Kap Verde werden 90% der Lebensmittel importiert. In Mindelo müssen es 99% gewesen sein, so trocken wie die Insel ist. Wir wissen nicht wie lange das Gemüse schon unterwegs war und in irgendwelchen Lagerräumen lag. Manches war schon am zweiten Tag schlecht.
So haben wir leider einiges Gemüse verloren: 3 Paprikas, einige Tomaten, die Hälfte der Auberginen, 2 Möhren und eine Zucchini. Tut richtig weh, so viel schmeiße ich sonst im Jahr nicht weg.
Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass wir Gemüse für 7 Personen für 2 Wochen eingekauft haben, also ein Großteil hat sich bisher gehalten. Insbesondere die Zucchini und Gurken sehen noch top aus 😊 Kürbis, Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch und Süßkartoffeln sehen auch noch top aus ☺️ Möhren und Paprika müssen bald weg, aber sind im Kühlschrank hoffentlich noch ein paar Tage gut.
Wir haben dann auch noch TK-Gemüse und ein große Portion vorgekochtes Gemüse eingefroren.
Das Obst hält sich übrigens mega gut! Da haben wir noch gar nichts wegschmeißen müssen.
Nur die Bananen bereiten uns Probleme: wir haben eine ganze Staude gekauft und die sind immer noch alle grün. Ich hab schon einige abgenommen und mehrere Tage in die Sonne gelegt aber mein Gefühl ist, dass alle gleich schnell reifen. Also befürchten wir dass wir in der zweiten Woche auf einmal 70 Bananen in 3 Tagen essen müssen oder so 😂
Ich freue mich schon auf Shakes, Bananenbrot und Co aber es ist unklar wie die Auswirkungen auf unsere Verdauung sein werden.

Tag 8: Hälfte 💪
Seit heute ist es näher in die Karibik als nach Kap Verde☺️
Die Welle ist aktuell echt angenehm und wir haben entspannte Tage. Das Wetter ist echt top, zwischendurch ist es etwas bewölkt aber die Sonne kommt viel raus und es sind tagsüber 25 – 30 Grad, also kurze Hose Wetter 😍☺️
Nachts kühlt es auf bis zu 20 Grad runter, da trage ich bei meiner Schicht immer Jogginghose und ein Hemd (neben der Rettungsweste, die wir auch bei ruhigem Wetter immer tragen wenn wir alleine an Deck sind). Gerade hab ich zB Nachtschicht und genieße den Sternenhimmel, der nur von ein paar Wolken teilweise verdeckt wird. Ansonsten ist der Himmel unfassbar klar 😍
Ein Segelboot ist seit gestern auf dem AIS vor uns und wir haben es zwischendurch auch schon mal per Fernglas gesehen.
Heute Nacht versägen wir sie. Fedi sagt ein Boot heißt Segeln, ab zweien ist es ein Rennen ✌🏻

Tag 9: Sternenklare Nacht
Als ich gerade zu meiner Schicht kam, wurde ich erstmal vom Sternenhimmel geflasht! Die letzten Tage hatten wir immer einige Wolken, jetzt kann man gerade den kompletten Nachthimmel bestaunen und es gibt wohl kaum einen Ort auf dieser Welt wo es weniger Lichtverschmutzung gibt als hier. So können wir mehrere Planeten beobachten, die Milchstraße gut sehen und neue Sternenbilder entdecken 😍 kennst du zB den großen Hund? 😊
Ich würde sehr gerne Fotos machen, aber das ist schwierig 😃
Stells dir einfach vor wie magisch das gerade ist, ich behalte den Moment fest in Erinnerung 🥰
Heute tagsüber haben wir auf einmal 3 Fische gleichzeitig an der Angel gehabt 😳 der erste war schnell ab von der Leine, den zweiten hat Fedi an Bord geholt und die Goldmakrele war echt groß!
Beim dritten durfte ich dann mal ran. Und der Fisch war echt groß, denn er hat sehr stark gezogen und viel Schnur abgezogen. Nach ca einer Stunde angestrengtem Ziehen, konnten wir dann erkennen, warum es so schwer ging: es hatte sich Seegras an der Leine verfangen, der Fisch war dafür ab 😃
Naja, ein Fisch reicht für die anderen vollkommen und die Tage bereiten Jakob und ich das Seegras zu, hab ich auch noch nie gegessen 😅 in einem Segelbuch steht aber, dass man das essen kann. Bin schon gespannt.

Tag 12: Baustellen auf dem Atlantik
Wir haben mittlerweile 3/4 des Weges und bisher ist nichts schlimmeres passiert. Es sieht also gut aus, dass wir heile in der Karibik ankommen werden. (ich unterbreche das Schreiben, um schnell auf Holz zu klopfen)
Dennoch sind ein paar Dinge kaputt gegangen und es haben sich kleinere Baustellen aufgetan. Dabei gibt es mehrere Probleme: 1. mitten auf dem Meer kommt man an keine Ersatzteile, die man nicht schon an Bord hat. 2. Man kann nicht Googlen, wie sich etwas lösen lässt. (zur Not könnten wir per Satellitentelefon Infos einholen von einer externen Person, die entweder Ahnung hat oder für uns googelt) 3. Es schaukelt durchgängig, das macht Reparaturen nicht einfacher und lieber haben wir zB Probleme mit den Segeln als Mensch über Bord.
Und so schlagen wir uns mit folgenden Problem(ch)en herum:

  • eine Toilette ist verstopft, sodass wir zu 7. eine nutzen.
  • an unserem Großsegel hat sich an einer Segellatte eine Sicherung gelöst, sodass wir nicht die komplette Segelfläche nutzen konnten.
  • kurz nachdem wir das Problem an der Segellatte gelöst hatten, riss eine Reffleine. Mit den Reffleinen können wir die Segelfläche verringern, wenn zu viel Wind ist. Nun müssen wir die Segelfläche wenn dann ganz stark reduzieren weil uns eine Option fehlt.
  • unser Radar funktioniert weiterhin nicht. Das sollte eigentlich in Kap Verde repariert werden, hat leider nicht geklappt. Viele Boote überqueren den Atlantik ohne Radar, also auch ok, aber das Radar hilft nicht nur Objekte im Wasser frühzeitig zu erkennen (dafür haben wir ja noch das AIS, umherschwimmende Container entstammen glaube ich eher Filmen als dass sie eine reale Gefahr sind). Das Radar hilft aber auch Gewitter und starke Winde im Umfeld durch die Wolkenbewegung vorherzusehen. Das wäre praktisch, so wären wir etwas eher gewarnt.
  • seit dem Kabelbrand an Weihnachten funktioniert unser Generator nicht, sodass wir die Motoren zur Stromerzeugung nutzen, wenn die Solarpanele nicht genug Strom liefern. Die Motoren sind aber nicht sonderlich effektiv in der Stromerzeugung und eins von drei Solarmodulen schaltet sich immer mal wieder ab.. Strom ist also knapp und wir müssen immer nachfragen ob wir bspw den Wasserkocher nutzen können. Zur Not schmeißen wir aber schon mal die Motoren an, um warm kochen zu können. Also auch halb so wild.
  • ein bisschen kaputtes Geschirr hat es schon gegeben. Regelmäßig kommen uns beim Öffnen der Klappen Gläser oder Tassen entgegen. Und nicht alle haben so gute Reflexe wie ich, der ich ein Weinglas aufgegangen habe im Runterfallen. (ersetze gute Reflexe durch Glück 😂)

Alles in allem läuft es aber wie gesagt echt gut und all diese kleinen Ausfälle gehören dazu und sind gut zu verkraften 😊

Tag 16: Ankunft in der Karibik
Wir sind gestern Nacht auf Martinique in der Karibik angekommen. Die ersten Blicke heute morgen waren schon fantastisch. Es gibt hier sehr blaues Wasser, tolle Strände und ganz viele Palmen, so wie es aussieht!
Jetzt beginnt der nächste Teil der Reise – ganz viel liegt noch vor mir!