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Mit einem Besuch in Kuba verbindet man vor allem Salsa, Musik in der Straße, Rum, Zigarren, Oldtimer und kubanische Lebensfreude, so entsteht schnell ein romantisches Bild von dem Land. Und selbstverständlich gehören all diese Dinge untrennbar zu Kuba, sodass das Bild nicht komplett an der Realität vorbei geht und ich auch wegen der leckeren Cocktails und der vielen Musik eine tolle Zeit in Kuba hatte. Und die Kubaner*innen waren tatsächlich unglaublich freundlich – unglaublich vor allem, wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt und erfährt, in welch starker Wirtschaftskrise das Land steckt und wie es den Menschen geht. Das gehört nämlich genauso zur Lebensrealität der Kubaner*innen.

Ich beschreibe zunächst, wie es den Menschen aktuell geht, was ich gesehen und erlebt habe und versuche dann später durch einen Einblick in die Geschichte ein bisschen aufzuzeigen, was zur aktuellen Situation in Kuba geführt hat.
Eine erste Idee von der Situation in Kuba bekam ich schon vor meiner Ankunft in Santiago de Kuba im Südosten des Landes. Ich hatte vorher auf Couchsurfing einige Gastgeber*innen angeschrieben und mehr Antworten bekommen als gewöhnlich. Doch die meisten schrieben mir, dass es ihnen nicht erlaubt sei, Reisende aufzunehmen. Das darf in Kuba nur, wer offiziell eine Herberge anmeldet. So blieb mir nur ein Hostel von einem Couchsurfer (eigentlich wirklich nicht die Idee von Couchsurfing).
Kurz vor Abreise aus der Dom Rep bekam ich dann doch noch eine Nachricht mit dem Angebot einer Unterkunft in Santiago. Da hatte ich das Hostel aber schon gebucht und wollte die Familie auch nicht in Schwierigkeiten bringen. Margarita (Name geändert) hatte mir auf Couchsurfing geantwortet und mir sofort klar gemacht, dass sie mich als Teil ihrer kubanischen Familie sehe – so gastfreundlich wie sich das anhört war die Familie auch und ich fühlte mich sehr zuhause dort, auch wenn ich nicht in ihrem Haus übernachtete. Dennoch verbrachte ich viel Zeit mit und bei ihnen. Bereits vor meiner Ankunft bat Margarita mich, ihr einige Dinge mitzubringen, die sie in Kuba nicht bekommt. Das waren vor allem Gewürze wie Curry, Gemüsebrühe und Lorbeerblätter, aber auch medizinische Produkte. Ich bereitete ihr gerne diese Freude und steckte noch Stifte und Luftballons für die Kinder in Kuba ein, da ich gelesen hatte, dass sie sich sehr darüber freuen und dem war tatsächlich so. Häufig kamen Kinder an und fragten nach Geld oder Süßigkeiten, über einen Luftballon freuten sie sich dann sehr.
So reiste ich also mit ca. 3 Kilo Geschenken im Gepäck nach Kuba und fragte mich schon, ob ich evtl. Probleme am Flughafen bekommen könnte. Doch spätestens als ich in Kuba das Gepäckband sah, verflog meine Sorge, denn außer mir waren nur Kubaner*innen im Flieger, die jeweils 3 – 5 riesige Koffer dabei hatten. Vermutlich reisen sie in die Dom Rep, um von dort Dinge für ihre Familie mitzubringen und einen anderen Teil zu verkaufen. Eine Möglichkeit, um in der Krise Geld zu machen.

Kuba und die Krisen

Doch was genau ist das für eine Krise aktuell? Weiter unten werde ich die Hintergründe etwas besser beleuchten, doch in der Kürze trugen ein Embargo von den USA und anderen westlichen Staaten und die Abhängigkeit von der Sowjetunion als kommunistischer Partner dazu bei, dass Kuba nach dem Zusammenbruch der UdSSR in den 1990ern eine schwere Wirtschaftskrise erlebte und sich daraufhin, immer mehr vom Tourismus abhängig machte. Dieser kam während der Pandemie für lange Zeit zum Erliegen. So fehlte ein großer Teil der Einnahmen und es folgte die nächste starke Wirtschaftskrise in den letzten Jahren.
Dass es nicht nur Margarita so geht, dass ihr und ihrer Familie einige Dinge unzugänglich sind, (ihnen gehts im Vergleich zu anderen Kubaner*innen noch relativ gut), kriegte ich dann schnell im Gespräch mit den Menschen mit – insbesondere durch meine Straßenmusik. Santiago ist die Heimat des kubanischen Son (ähnlich zu Salsa) und der melancholischen Gitarrenmusik Trova, sodass Musik dort eine große Rolle spielte. Umso mehr freute mich, dass ich viel positives Feedback bekam als ich mit der Gitarre durch die Straßen zog. Von kaum einem anderen Volk ist das ein größeres Kompliment. Da Santiago de Cuba weniger touristisch ist als andere Orte des Landes und ich mehr durch die Seitenstraßen ging als an den Hauptplätzen zu spielen, kam ich mit vielen Kubaner*innen ins Gespräch. Viele sagten mir die gleiche Phrase, die mir hängen blieb: „In Kuba leben wir nicht, wir überleben“. Es ist dazu zu erwähnen, dass die Region um Santiago im Südosten des Landes, fernab der Hauptstadt, wohl die ärmste Region Kubas ist. Hennoch beobachtete ich ähnliche Probleme auch in den anderen Orten, an die ich ging.
Alleine schon, an Lebensmittel zu kommen, ist in Kuba gar nicht so einfach, von anderen Alltagsdingen gar nicht zu sprechen. Seit der Revolution und der offiziellen Einführung des Kommunismus gibt es in Kuba die sogenannte Libretta. Übrigens, ob Kuba wirklich (noch) ein kommunistisches Land ist, darüber wird viel diskutiert und gestritten. Ich würde Kuba eher als sozialistisches Land bezeichnen, behaupte aber auch nicht, dass ich damit auf jeden Fall richtig liege.
Jedenfalls ist die Libretta ein kleines Büchlein, das jede Familie hat und mit der sie sich mehrere Male im Monat Lebensmittel zu einem sehr günstigen Preis in Verteilstellen der Regierung abholen können. Ein Pfund Reis kostet dort aktuell z.B. ca. 7 kubanische Pesos – ca. 4 Cent. Davon bekommt man aber nur eine rationierte Menge, die nicht ausreicht, um über den Monat zu kommen. Genauso bei anderen Lebensmitteln.
Um das weitere Essen zu besorgen, gibt es aktuell folgende Möglichkeiten: man geht auf dem Markt oder in privaten Geschäften einkaufen (diese sind seit Kurzem erlaubt, vorher gab es nur Geschäfte vom Staat). Dann kann man mit kubanischen Pesos bezahlen, allerdings fehlt häufig einiges und/oder man muss Stunden lang anstehen. Wenn man die Zeit nicht hat, weil man arbeitet o.Ä. kann man in Geschäften der Regierung die restlichen Dinge einkaufen, dort kann man allerdings nur mit einer Karte bezahlen. Auf dieser Karte befinden sich Convertibles Cubanos (CUC), eine neue Währung, die die Regierung zu Beginn der Pandemie geschaffen hat. Ein CUC lässt sich mit einem Euro oder einem Dollar erwerben, nicht jedoch mit Kubanischen Pesos. Übrigens empfiehlt es sich deswegen, Dollar statt Euro mit nach Kuba zu nehmen, da diese als gleichwertig behandelt werden.
Da man den CUC also nicht mit kubanischen Pesos erwerben kann, müssen die Kubaner*innen dafür zwangsläufig Geld mit Touristen oder anderen tauschen. So ist ein Schwarzmarkt des Geldes entstanden: Wenn ich mit meiner Kreditkarte bei einer kubanischen Bank Geld abhebe, kriege ich für einen Euro ca. 120 Kubanische Pesos. Doch auf der Straße sind es 170 – 180 Kubanische Pesos – also 50% mehr. Übrigens gibt es auf Kuba gar keine Kreditkarten, sodass Kubaner*innen, wenn sie verreisen (was überhaupt nur sehr wenige können), mit Bargeld reisen müssen.
Eine wirklich schwierige Situation und leider zu Teilen von der Regierung verursacht, auch wenn ich zu keinem Zeitpunkt die USA aus der Verantwortung nehmen möchte.
In Santiago verbrachte ich am Ende einen Tag länger als ursprünglich gedacht, weil ich mich bei Margarita und ihrer Familie so wohl fühlte und mit Freunden das Halbfinale der Baseball-Weltmeisterschaft sehen wollte. Leider verlor Kuba haushoch gegen die USA, das Halbfinale war aber schon eine Überraschung. Baseball ist in Kuba wie auch in der Dom Rep und Puerto Rico der Landessport Nummer 1.
Neben den Menschen und der Musik, die mir in Santiago sehr gut gefiel, begeisterten mich vor allem das spannende Rum-Museum und ein Ausflug mit meinem Freund Rauber zur Festung „Castillo del Morro“. Auch Rauber hatte ich über Couchsurfing kennengelernt und habe erst im Nachhinein herausgefunden, dass wir eine gemeinsame Freundin in Köln haben.

Auf dem Weg Richtung Havanna im Westen des Landes machte ich noch einen Zwischenstopp in den Städten Sancti Spiritus und Trinidad. In Trinidad übernachtete ich wieder bei einer kubanischen Familie, dieses Mal aber in ihrer Herberge. Trinidad ist eine klassische ehemalige Kolonialstadt, mit schönen Gebäuden im Zentrum und einem wunderschönen vorgelagerten Strand, den ich zum Schnorcheln besuchte. Abends ging ich noch in eine Disko in einer Höhle, bevor ich dann am nächsten Tag weiterfuhr nach Havanna.

Havanna und die Wahlen in Kuba

In Havanna übernachtete ich das erste Mal in einem Hostel mit vielen anderen Travellern und lernte coole Menschen kennen, mit denen ich auch einige Ausflüge machte. In Havanna selber waren die Highlights wieder das Rum-Museum von Havanna-Rum, die vielen guten Cocktails, die riesige Festung mit wundervollem Sonnenuntergang und die Fabrica de Artes: ein großes, altes Fabrikgebäude, in dem mehrere spannende Kunstausstellungen beherbergt werden und gleichzeitig abends eine Disko mit mehreren Floors und Live-Musik öffnet.

Doch auch der Kontakt zu Locals kam in Havanna nicht zu kurz. Wieder eröffneten mir Couchsurfing und meine Gitarre die Möglichkeit, mit vielen Kubaner*innen ins Gespräch zu kommen. Highlight war als eine Gruppe von ca. 20 Kindern mir zuhörte. Natürlich freuten sie sich auch sehr über die Luftballons, die ich aus der Dom Rep mitgebracht hatte und ihnen danach gab. Bevor die kurze Zeit von 10 Tagen in Kuba sich schon dem Ende neigte, kam noch ein absolutes Highlight dazu: Mit den Reisenden Kaelah, Arsenna und Mario besuchte ich das Tal von Vinales, das zum einen wundervolle Blicke auf eine einzigartige Berglandschaft mit hohen aber flachen Bergen bietet und zum anderen die Heimat des kubanischen Tabaks ist, sodass wir eine Tabakfarm besuchen konnten.

Dort lernten wir wie und wo kubanische Zigarren hergestellt werden und erfuhren, dass die Tabak-Landwirte, 90% ihrer Ernte zu Spottpreisen an die Regierung verkaufen müssen. Mit den übrigen 10% verdienen sie dann immer noch mehr als sie für die anderen 90 von der Regierung bekommen.
Die Unzufriedenheit mit der Regierung merkt man in jedem Teil des Landes, genauso wie die Resignation: Dass in Kuba Parlamentswahlen stattfanden, erfuhr ich erst zwei Tage vorher von einem Freund aus St. Maarten. Als ich meine kubanischen Freund*innen darauf ansprach, sagten sie, dass sie eh nicht wählen gehen, weil sich nichts ändert. Ich habe dann ein bisschen recherchiert und tatsächlich gab es auf die 470 Sitze des Parlaments genau 470 Kandidat*innen. Zwar müssen die Kandidat*innen mehr als 50% Ja-Stimmen bekommen, ansonsten wird aber aus der kommunistischen Partei nachgewählt, es gibt eh nur eine Partei in Kuba. Etwas positives fand ich aber auch bei meiner Recherche: Kuba hat Quoten fürs Parlament und dadurch mehr Frauen als Männer und eine große Anzahl von People of Color.
Doch wie hat sich dieses Land so entwickelt? Dazu möchte ich hier einen kurzen Überblick geben. Mir ist wichtig zu betonen, dass ich solche Geschichts- oder Politik-Exkurse zwar nach bestem Wissen und Gewissen schreibe, aber dass ich nicht möchte, dass dies als wissenschaftlicher Aufsatz verstanden wird. Ich versuche lediglich zusammenzufassen, was ich von Einhemischen, bei Touren und durch eigene Recherche lerne, sodass ihr ein bisschen mehr Hintergründe habt. Wenn ihr aber bis ins Detail recherchierte Geschichtszusammenfassungen wollt, gibt es viele Alternativen, eine ist die Netflix-Serie „Geheimes Kuba„, die ich aktuell schaue und sehr empfehlen kann.

Ein Ausflug in die kubanische Geschichte

Kommen wir aber zur kubanischen Geschichte: Die größte Insel der Karibik wurde ähnlich schnell wie die Dominikanische Republik von den Spaniern entdeckt und erobert und wurde aufgrund der geographischen Lage mit der Dom Rep zum Mittelpunkt für weitere Eroberungen und Sklavenhandel während der spanischen Kolonialherrschaft in Lateinamerika. Und das obwohl die klare Anweisung der spanischen Krone zunächst gewesen war, dass Sklavenhandel verboten ist. Diese Anweisung missachteten Columbus und Co von Anfang an und unterdrückten die einheimische Bevölkerung, die übrig blieb. Denn innerhalb von wenigen Jahren waren 90% der kubanischen Bevölkerung ausgerottet – durch die Waffen der Spanier und vor allem die eingeschleppten Krankheiten.
Vlt kommt euch dieser Teil von anderen Ländern und evtl. sogar von anderen Blogbeiträgen von mir bekannt vor. Wie auch auf vielen anderen karibischen Inseln, brauchten die Spanier zum Anbau von Zuckerrohr und anderen Gütern Arbeitskraft und fanden diese in afrikanischen Sklaven. In den nächsten Jahrhunderten machten Sklaven teilweise über 90% der Bevölkerung aus. Nach dem revolutionären Sklavenaufstand in Haiti 1791 flüchteten viele Sklaventreiber nach Kuba und bauten auf der Insel den Zuckerrohr und Kaffee- Anbau aus, sodass die Insel gerade im 19 Jahrhundert immer reicher wurde. Ein Reichtum, von dem offensichtlich nur einige wenige profitierten.
Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung war verständlicherweise enorm groß und es gab eine Vielzahl von Sklavenaufständen, die allerdings allesamt erfolglos blieben.
So war Kuba eines der letzten Länder, die von Spanien unabhängig wurden. Und die Revolution ging dann tatsächlich von einem Sklavenbesitzer aus, der sich im Osten des Landes benachteiligt fühlte. Carlos Manuel de Céspedes gab 1868 mit dem „Grito de Yara„ den Auftakt zur Revolution, die allerdings 30 Jahre lang andauern sollte. Eine Geschichte, die mir aus einer Führung in Havanna besonders im Kopf geblieben ist, erzählt, dass die Spanier kurze Zeit nach Ausruf der Unabhängigkeit durch Céspedes dessen einzigen Sohn gefangen nahmen und drohten, diesen zu töten, wenn die Revolution nicht sofort aufhörte. Céspedes soll daraufhin geantwortet haben, dass er sich nicht nur als Vater seines Sohnes sondern aller Kubaner*innen sah und die Revolution um jeden Preis weitergehen müsse. Daraufhin exekutierten die Spanier seinen Sohn. Auch wegen dieser Geschichte bezeichnen die Kubaner*innen Cespedes als Vater der Heimat.
1878 wurden den Kubaner*innen einige Zugeständnisse von Spanien gemacht, worauf die Revolution vorerst zum Erliegen kam. Nach einem weiteren erfolglosen Versuch der Unabhängigkeit unter Antonio Maceo 1879 – 1880 dauerte es bis 1895, dass unter Führung des Dichters und Journalisten José Martí ein weiterer Anlauf unternommen wurde, um die vollständige Unabhängigkeit Kubas zu erlangen.
Als 1898 in Spanien schon öffentlich über den Rückzug aus Kuba gesprochen wurde, mischten sich die USA in den Konflikt ein, provozierten den amerikanisch-spanischen Krieg und übernahmen die Kontrolle in Kuba. Nun war Kuba zwar unabhängig von Spanien, doch dafür regierten die USA. Bevor sie Scheinregierungen zuließen, sicherten sich die USA das Recht, jederzeit militärisch in Kuba zu intervenieren, was sie in den Folgejahren mehrmals taten. Außerdem sicherten sie sich die Buchten Bahia Honda und Guantanamo, die zweitere wird heute noch von den USA militärisch verwendet.
In den ersten Jahrzehnten der 20. Jahrhunderts gab es in Kuba verschiedenste Regierungen, die zu unterschiedlichen Graden von den USA beeinflusst wurden, doch bis zur kubanischen Revolution 1959 blieb der Einfluss der USA enorm. Insbesondere die beiden Diktatoren Gerardo Machado und Fulgenio Batista wurden in ihren Wahlkämpfen und bei ihren Machtübernahmen stark von den USA unterstützt und gewährten ihnen dafür großen Einfluss in Kuba. Ein junger Anwalt namens Fidel Castro klagte Batista wegen seines Militärputsches vor dem Obersten Gerichtshof von Kuba an. Nachdem die Klage zurückgewiesen wurde, erklärte Castro, dass das in der Verfassung verankerte Widerstandsrecht nach Ausschöpfung aller legalen Mittel nun wirksam werde und bereitete die Revolution vor.
Am 26. Juli 1953 verübte er mit einer Guerilla-Truppe einen Anschlag auf die Moncada-Kaserne bei Santiago de Cuba, der fehlschlug. Nachdem Castro zwei Jahre in Haft saß, ließ Batista ihn begnadigen, weil er die Reaktionen der Bevölkerung fürchtete. Castro floh nach Mexiko ins Exil wo er Ernesto „Che“ Guevara kennenlernte. Im Dezember 1956 kehrte er mit Che Guevara und 82 Guerilla-Kämpfern zurück nach Kuba und begann vom Osten aus die Revolution, die Anfang 1959 zum Sturz Batistas führte. Castro übernahm die Macht und regierte bis 2008. Es gibt viele Theorien dazu, warum Fidel Castro und seine Leute Kuba zu einem kommunistischen Land machten. Fest steht, dass Castro ursprünglich gar nicht Kommunist war. Eine plausible Theorie von einem Guide fand ich, dass er durch den Bruch mit den USA, den die Revolutionäre anstrebten, sich der anderen Weltmacht zu der Zeit – der Sowjetunion – annähern wollte, da er so einen Weg sah, lange an der Macht zu bleiben. Ob das der Grund für den Kommunismus in Kuba war oder nicht, es funktionierte: Fidel Castro baute in Kuba eine Diktatur auf, die auch den Zerfall der Sowjetunion überdauerte. Da die Sowjetunion Kuba als wichtigen Stützpunkt in unmittelmbarer Nähe des Feindes sah, versorgten sie das Land mit allem nötigen, was leider auch dazu führte, dass Kuba seine Produktionskapazitäten für viele Produkte enorm zurückschraubte – die Abhängigkeit von der Sowjetunion war geboren und deren Zerfall stürzte Kuba in die erste schwere Wirtschaftskrise von der ich oben schreibe. Die zweite folgte dann durch Covid und die vorher geschaffene Abhängigkeit vom Kommunismus. Doch, dass Kuba wohl nur bedingt kommunistisch und sozialistisch ist, sieht man auch daran, dass Castro und die Eliten des Landes sich stark am Reichtum der Sowjetunion bereicherten. Heute sind die Söhne und Töchter Castros die reichsten Menschen im Land. In das Bild der Diktatur passt dann auch, dass nach Fidel Castro 2008 sein Bruder Raúl als Präsident Kubas folgte. Seit 2018 ist nun Miguel Diaz-Canel an der Macht. Während das öffentliche Bild Fidel Castros dem eines Diktators entspricht, wird Che Guevara noch heute verehrt und als Symbolbild für linke Gruppierungen und Revolution gesehen. Sein Konterfei findet sich auf unzähligen T-Shirts und an vielen anderen Orten. Und dass seine Ideen revolutionär waren, das lässt sich auch nicht bestreiten. Eine ähnliche Revolution wie auf Kuba wollte er auch in Bolivien durchbringen, allerdings mit weniger Erfolg. Doch wenn man sich mit der Person Che Guevaras genauer beschäftigt und mit Kubaner*innen spricht, dann zeichnet sich schnell ein anderes Bild: das eines brutalen Mörders, der nicht nur Feinde sondern auch Freunde, die sich nicht nach seinen Vorstellungen verhalten, erbarmungslos umbringt und für seinen Weg über Leichen auf beiden Seiten geht. So erzählte mir ein Freund, dass sein Großvater, der Che persönlich kannte, nüchtern immer großartig über Che sprach und die Revolution in den Himmel lobte. Doch wenn man ihm Alkohol gab, sprach er die Wahrheit über das was in der Zeit der Guerilla passierte und sprach über Che als einen grausamen Menschen. Der gleiche Freund übrigens wurde vor ein paar Jahren von der kubanischen Armee gefoltert, weil er nach 10 Jahren aus dem Militärdienst aussteigen wollte.
Nach all dem, was ich über Che Guevara gehört und gelesen habe, bin ich sehr skeptisch geworden über das öffentliche Bild, das von dieser Person herrscht und zweifle, ob man Che Guevara als Helden darstellen sollte. Dass sein Konterfei aber ein wichtiges Symbol für manch andere Revolution gedient hat und noch dienen kann, daran möchte ich nicht zweifeln.
Und mein Eindruck ist außerdem, dass eine weitere Revolution in Kuba – welcher Art auch immer – dringend nötig ist. Nach all den Gesprächen mit den Menschen denke ich, dass sie sich das eigentlich wünschen, sich aber niemand traut. Vermutlich auch, weil viele noch im Kopf haben wozu im Endeffekt die letzte Revolution geführt hat.