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Wenn ihr über das Projekt „El Samaritano“ lesen wollt, das Asylsuchende auf dem Weg in die USA unterstützt, dann schaut weiter unten!
Mexiko ist für mich ein ganz besonderes Land und war deswegen auch ein besonderer Stopp dieser Reise. Mexiko ist für mich nach Hause kommen. Mexiko heißt, hunderte schöne Erinnerungen nochmal zu leben. Mexiko heißt, das beste Essen der Welt essen. Mexiko heißt, Freund*innen wiedertreffen, dich ich sehr lange nicht gesehen habe und die mir wirklich gefehlt haben. Mexiko heißt, dass ich mich so wohl fühle, wie es nur geht. Mexiko ist für mich eben Zuhause! Und das tat nach 5 Monaten auf Reisen richtig gut!


Mexikanische Gastfreundschaft: 4 Wochen ohne Hunger

In Mexiko muss ich mich nicht an eine neue Währung gewöhnen. In Mexiko weiß ich, was ich wo kaufen kann und wie viel es kostet. Ich kenne die Wege, die Menschen, die Geschichte und Politik. So war Mexiko auf der einen Seite Entspannung: ich konnte in Cardonal meinen Rucksack auspacken und musste ihn zwei Wochen lang nicht einpacken.
Cardonal ist ein kleines Bergdorf im Bundesstaat Hidalgo. Dort habe ich vor 9 Jahren einen Freiwilligendienst machen dürfen und auch wenn ich an vielen anderen Orten in Mexiko Menschen kenne und auch an einigen gelebt habe, ist Cardonal mein Zuhause in Mexiko. Und es ist nebenbei noch ein wunderschöner Ort!
Cardonal liegt auf 2000 Meter Höhe in den Bergen. Wälder sucht man hier vergeblich, dafür findet man verschiedenste Kakteen und fantastische Ausblicke! Die Menschen sind bescheiden und gastfreundlich, es ist nicht so touristisch wie in anderen Teilen Mexikos, sondern eher ursprünglich. Es gibt sogar noch einige Menschen, die kein Spanisch sprechen, sondern die indigene Sprache Hñahñu.

Einen touristischen Ort gibt es doch und was für einen: Tolantongo und La Gloria liegen auf den beiden Seiten eines Flusses. Doch das Wasser in diesem Fluss ist nicht eiskalt wie das eines normalen Bergflusses. Es ist warm wie in der Badewanne und kommt hier aus der Erde. Dass sich ein ca. 6m breiter Fluss aus warmem Wasser bildet, ist eigentlich schon spektakulär genug, doch es gibt noch mehrere spektakuläre Höhlen zu entdecken, wunderschöne natürliche Pools und bei La Gloria ein fantastisches Naturbad in einer Felsspalte! Hier in Zelten am Fluss oder Naturpool zu übernachten ist unbeschreiblich.
Doch, da ich schon häufig dort war und so viele Menschen wie möglich besuchen wollte in den 4 Wochen bis Marieke dazukam, war ich dieses Mal nicht in Tolantongo oder La Gloria. Und da kommen wir auch schon zum schönen und anstrengenden Teil in Mexiko: die Besuche.
Das letzte Mal war ich vor viereinhalb Jahren in Mexiko, vorher waren es maximal eineinhalb Jahre zwischen meinen Besuchen. Und so waren die 4 Wochen vollgepackt mit unzähligen Besuchen bei sooo vielen Menschen, die mir viel bedeuten. Es war wundervoll und herzerfüllend! Aber es war auch anstrengend.
Wenig Schlaf stand übermäßigem Essen gegenüber, denn Besuche in Mexiko sind immer mit Essen verbunden. Entweder wurde für mich gekocht oder ich wurde in irgendeinem Restaurant eingeladen. Und so gab es Tage an denen ich zwei Mal frühstückte, zwei Mal zu Mittag aß und natürlich auch zwei Mal zu Abend – 6 Mahlzeiten sind schon eine Herausforderung.
Aber ich bin ja nicht zum ersten Mal in Mexiko 😉 Ich war also vorbereitet und aß immer so viel, dass es nicht unhöflich war und ich meinen Appetit auf dieses unfassbar leckere Essen tilgte, aber nie so viel, dass ich gar nicht mehr konnte. Hunger hatte ich trotzdem in den 4 Wochen nicht 😀 Ein Ausdruck der mexikanischen Gastfreundlichkeit und auch ihrer Kultur: ein Nein wird nur widerwillig akzeptiert, denn die Menschen denken, dass sie irgendwas falsch gemacht haben, wenn man nichts isst. Und ich will ja auch nicht, dass sie sich schlecht fühlen 🙂

Von Dorffesten, Fruchtwein und meinem ersten Tattoo

Ich möchte und werde euch hier nicht mit einer Liste von den Namen der 19 Familien bzw. über 80 Freund*innen, die ich besucht habe, nerven. Ich zeichne ein bisschen meine Route und die Stopps, die ich gemacht habe, und erzähle von ein paar besonderen Erlebnissen. Wenn ich die Zeit finde, werde ich hier auch nochmal über 2, 3 weitere Projekte berichten. Das erste stelle ich unten vor – ein Migrantenhaus, das Menschen versorgt, die durch Mexiko in die USA reisen. Eine beeindruckende Arbeit, die ich euch gerne etwas näherbringen möchte und die ihr auch unterstützen könnt, wenn ihr wollt! Doch zunächst noch zu meinen Besuchen: als ich aus Kuba nach Mexiko kam, besuchte ich zunächst meinen Freund Eduardo in Cuernavaca, ca 2 Stunden von Mexiko entfernt. Eduardo kenne ich aus meinem Auslandssemester in Mexiko und war damals auch noch mit ihm im Urlaub an der Küste. Eduardo hat wie ich Mathematik studiert, war aber schon damals etwas alternativer als seine Studienkolleg*innen unterwegs, die mittlerweile zu großen Teilen für Google, Oracle und Co arbeiten. Eduardo begeistert sich für Jonglage und Parcour und hat vor zwei Jahren eine neue Leidenschaft entdeckt, mit der er sich ein eigenes Business aufbauen möchte: er fermentiert verschiedene Fruchtweine und die sind echt mega lecker!
Nach 3 Tagen bei Eduardo und seiner Mutter, blieb ich für 2 Wochen über Ostern in Cardonal, meinem Lieblingsort in den mexikanischen Bergen. Neben unzähligen Besuchen spielte ich dort auch im Kreuzweg an Ostern mit, der in Mexiko teilweise sehr aufwändig geschauspielert wird. Ich konnte mit einigen bekannten Freunden ein Konzert spielen, mehrere Dorffeste besuchen und meinen Geburtstag nachfeiern. Dass bei der Feier über 40 Freund*innen zusammen kamen, bedeutet mir die Welt. Es war einfach unfassbar schön! Übernachtet habe ich bei meiner mexikanischen Familie: Obdulia und Martin sind für mich wie Eltern und Stephanie, Nicole und Christian wie Geschwister. Doch mit meinem besten Freund Ivan und seiner Familie verbrachte ich mind. genauso viel Zeit, ich habe wohl zwei mexikanische Familien (wenn nicht sogar viele mehr) 🙂

Wie mein Freund Goyo neben den Solar-Boilern und dem Agaven-Dicksaft, die er seit Jahren herstellt, nun auch noch feinsten Schnaps brennt, ist einen eigenen Blogbeitrag wert, den ich bei Gelegenheit schreibe. Von Cardonal ging es nach einigen Tränen zum Abschied weiter nach Queretaro. Mit Cristobal, den ich bei seinem Freiwilligendienst in Deutschland kennengelernt habe (seit 7 Jahren gibt es nun endlich auch Reverse-Freiwillige, die aus Mexiko nach Deutschland kommen) besuchte ich noch in Peña de Bernal, wo wir den dritthöchsten Monolith der Welt bestaunen konnten!
Am nächsten Tag ging es schon weiter nach Guanajuato, wo ich vor 5 Jahren mein Auslandssemester startete und viele Freundschaften schloss. Auch, wenn viele der Freund*innen von der Uni weggezogen sind, kenne ich doch noch einige und hatte vor allem schöne Abende in den Bars. Für mich ist Guanajuato die schönste Stadt Mexikos. Sie ist bunt, chaotisch und hat unzählige Dachterrassen mit wunderbaren Ausblicken. Hier finden sich auch viele der Bars wieder, wobei ich leider feststellen musste, dass ca. die Hälfte von den guten Bars Covid zum Opfer gefallen ist. (ich spare mir hier mal einen Witz mit der mexikanischen Biermarke)

Das emotionalste Wiedersehen in Guanajuato war mit meiner Freundin Reyna, die extra aus Mexiko-Stadt für das Wochenende nach Guanajuato kam. Mit Reyna war ich im Auslandssemester sehr dicke und unser Wiedersehen war so schön, dass wir uns spontan entschieden uns ein gemeinsames Tattoo stechen zu lassen. Wenn ihr neugierig seid, was es wohl ist, müsst ihr euch leider gedulden bis wir uns Live sehen 😉

Der größte Jahrmarkt Mexikos und meine mexikanische Oma

Auf dem Weg von Guanajuato nach Guadalajara, die zweitgrößte mexikanische Stadt, machte ich noch einen Zwischenstopp in Aguascalientes. Mein Freund Daniel nahm mich mit auf ein Konzert der Band Enjambre und zur größten Feria Mexikos. Eine Feria ist ein Jahrmarkt, der zur Heiligenfeier von Städten und Dörfern ausgerichtet wird. In den meisten Orten Mexikos ist das die größte Feier des Jahres vlt noch zusammen mit dem Nationalfeiertag am 15. September. Und die in Aguascalientes ist die größte des Landes und war wirklich beeindruckend! Es gibt hunderte Essensstände, Karuselle, Kunsthandwerk, Spiele und mehrere Bühnen in der ganzen Stadt.
In Guadalajara, wo ich direkt am nächsten Tag in meinem Besuchs-Wahn hinfuhr, besuchte ich vor allem Studienkolleg*innen aus Guanajuato. Eben jene, die mittlerweile bei Oracle oder Walmart oder anderen arbeiten. Wirklich jedes Wiedersehen war schön, doch die mit meinen Freundschaften aus Guanajuato besonders, weil ich sie zum ersten Mal wiedergesehen habe! In Guadalajara traf ich außerdem noch einen anderen Ex-Freiwilligen und eine Nonne, mit der ich bei meinem Freiwilligendienst in Cardonal zusammengelebt habe. Damals lebte ich mit zwei Priestern und vier Nonnen. Drei der Nonnen waren relativ jung und die vierte im Bunde, Madre Esther, war damals schon alt. Jetzt ist sie es noch mehr. Doch ihr großes Herz und ihren bewundernswerten Missionsgeist (in ihrem Falle absolut positiv und nicht so aufzwingend wie bei den ursprünglichen Missionaren) hat sie nicht verloren. So hat sie sich mehrfach bei mir beschwert, dass man sie im Alter von über 80 nicht alleine das Altenheim der Nonnen verlassen lässt, in dem sie mittlerweile unterkommt. Für mich ist Madre Esther wie eine Oma und sie hat sich auch genauso dolle gefreut wie meine Oma damals, wenn ich sie besucht habe <3

Nach der zweitgrößten Stadt kam dann zum Abschluss der Besuchsreise natürlich noch Mexiko-Stadt, wo ich bei Reyna für 3 Nächte unterkam und jeden Tag mehrere Freund*innen traf. So setzte ich mich extrem erschöpft, aber super glücklich in den 28-Stunden Bus nach Cancun, um Marieke zu treffen. Doch der Touri-Part im Süden Mexikos ist Teil des nächsten Blogeintrags, den ich mit unserem kurzen Besuch in Belize verbinden möchte 🙂

Das Migrantenhaus „El Samaritano“ bei Tula, Mexiko

Mexiko ist seit Langem ein Transitland für Menschen auf dem Weg in die USA, denn auf dem Landweg ist es unmöglich, nicht durch Mexiko zu reisen. Und während die Zahlen der Asylanträge von Mexikaner*innen in den USA in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, laut Segob-Bericht lag sie 2022 bei nur noch 3,5 Prozent, sind die aus Zentral- und Südamerika stark gestiegen. 22,7 Prozent der Anträge kamen aus Zentralamerika, 18,7 Prozent aus Venezuela und fast alle diese Menschen reisen durch Mexiko. Es gibt zwar auch Shuttles, die Asylsuchende von Guatemala bis an die US-Mexiko-Grenze bringen, doch die ca. 1000 Dollar dafür kann kaum jemand aufbringen. In Guatemala habe ich mit jemandem gesprochen, der jahrelang diese Shuttle-Fahrten durch Mexiko machte. Wer sich die leisten kann, ist recht sicher, denn in den 1000 $ sind Schutzgelder an verschiedene mexikanische Kartelle wie die Zetas eingerechnet. Da die meisten sich dies aber nicht leisten können, müssen sie andere Wege finden, um die mindestens 2000km durch Mexiko zurückzulegen. Viele nutzen dafür die Güterzüge, die durch Mexiko fahren. Unter Mexikaner*innen und Asylsuchenden wird der Zug nur „La Bestia“ genannt, weil es so gefährlich ist, auf ihn aufzuspringen und an anderer Stelle wieder abzuspringen. Erst vor Kurzem fiel in der Nähe von Tula ein Mann aus Venezuela vom Zug und ihm mussten beide Beine amputiert werden – ein schreckliches Schicksal, das nur eines von vielen ist.
Hinzukommt, dass Asylsuchende in Mexiko sowohl von Banden als auch teilweise von der Polizei häufig wie Abschaum behandelt werden. All das nachdem sie schon vor Mexiko Wochen oder Monate unterwegs waren. Viele Menschen aus Venezuela überqueren zudem den extrem gefährlichen Dschungel des Darién-Gap zwischen Panama und Kolumbien, wo ihnen auch häufig Banden auflauern.
Um die Menschen in Mexiko zu unterstützen gibt es viele sogenannte Migrantenhäuser, die vor allem an der Zugstrecke von La Bestia liegen. Eines dieser extrem wichtigen Häuser ist das Migrantenhaus „El Samaritano“ in der Nähe von Tula.
Schon seit vielen Jahren unterstützen wir mit dem Verein animo e. V. „El Samaritano“ und ohne es besucht zu haben war das Projekt mir ein Herzensanliegen, da Flucht & Migration seit Jahren für mich mein politischer Schwerpunkt sind.
Animo e. V. ist ein Verein von ehemaligen Mexiko-Freiwilligen, die sich für interkulturellen Austausch zwischen Mexiko und Deutschland einsetzen.

Als ich nun bei meinem Besuch in Mexiko endlich mal persönlich bei dem Haus vorbeifuhr, in dem schon einige Freiwillige und Freund*innen von mir in den letzten Jahren mitgeholfen haben, war ich noch deutlich beeindruckter als von den Berichten.
In der Nähe von Tula gibt es eine Stelle, wo der Zug regelmäßig hält oder langsamer fährt und es so die Möglichkeit, auf- und abzuspringen. Dort öffnet „El Samaritano“ Dienstag bis Sonntag die Pforten, um die Menschen zu versorgen. Ich konnte einen Tag den Ablauf mitmachen und auch ein bisschen mithelfen.
An dem Tag kamen ca. 15 Asylsuchende an, die meisten waren aus Honduras oder Venezuela. Als erstes bekommen die Menschen, die meistens sehr hungrig sind ein Frühstück angeboten. Nach dem Frühstück können sie sich duschen und kriegen Klamotten aus einer Kleidersammlung, falls sie neue Klamotten brauchen. Die meisten von ihnen hatten kleine Rucksäcke, in dem alles war, dass sie dabei hatten oder noch besaßen.. Selbstverständlich gibt es auch eine Apotheke, sodass die Menschen medizinisch versorgt werden können, falls nötig.
Wer möchte, kann sich danach ausruhen. Dabei gibt es einen Extra-Ruhebereich für Frauen und Kinder. Als alle gefrühstückt und sich gewaschen hatten, gab es Zeit, dass ich mich mit den Menschen unterhalten konnte und auch ein bisschen Musik mit und für sie machen konnte. Die Schicksale und Geschichten, die ich mitbekam, erinnerten mich häufig an Flüchtende, die ich bei Rettungsmissionen im Mittelmeer kennengelernt habe. Da waren sowohl junge Männer, die ihre Familien und teilweise sogar Ehefrau mit Kindern zurückließen, in der Hoffnung, sie aus den USA besser versorgen zu können, als auch gesamte Familien, die zusammen reisten.
Und leider ist auch die Art wie mit Asylsuchenden in den USA umgegangen wird ähnlich wie in Europa. In den letzten drei Jahren schoben die USA ca. 2,7 Millionen Menschen ab, davon 2,3 Millionen nach Mexiko.
Nach den Gesprächen aßen wir noch gemeinsam zu Mittag bevor sich die Menschen weiter auf den Weg machten. Es war schon ein bedrückendes Gefühl, ihnen hinterherzuschauen.
Für mich ist die Arbeit, die Schwester Luisa und so viele andere Freiwillige leisten, unglaublich wichtig und ich bin froh, dass ich mir einen besseren Eindruck verschaffen konnte.
Wenn ihr wie ich das Projekt unterstützen möchtet, dann würde ich mich sehr darüber freuen und ihr könnt dafür Geld auf das Konto von animo e. V. überweisen. Die Spenden gehen zu 100% an „El Samaritano“. Animo ist ein ehrenamtlicher Verein, der die extrem geringen Verwaltungskosten durch Mitgliederbeiträge trägt.

animo e. V.
IBAN: DE98 4006 0265 0018 4487 00
BIC: GENODEM1DKM

Alternativ könnt ihr mir auch Geld per PayPal an kai-echelmeyer@web.de schicken, dass ich dann zu 100% an animo überweise.

Vielen Dank für eure Unterstützung!