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In diesem Blogbeitrag möchte ich über den Darién-Gap schreiben und wie ich ihn mit mehreren Booten entlang der Küste Panamas überbrückte, um nicht fliegen zu müssen.

Denn zwischen Kolumbien und Panamá ein riesiges undurchdringbares Grenzgebiet voller gebirgigem Dschungel, sodass es keine Straße gibt, die die beiden Länder miteinander verbindet – die einzige Unterbrechung der Panamericana, jener Straße, die ganz Amerika von Alaska bis Feuerland durchquert.

Doch wichtiger, als meine persönlichen Erfahrungen auf dieser Route zu beschreiben und hoffentlich Menschen anzuregen, auf dieser oder auch anderen Strecken auf das Flugzeug zu verzichten, ist es mir, über das Grenzgebiet und seien Gefahren für flüchtende Menschen zu schreiben. Viele Menschen haben nicht den Pass oder die finanziellen Möglichkeiten wie ich, um die Grenze in Schnellbooten zu überqueren.
Wenn du eine genaue Beschreibung suchst, wie du mit dem Boot von Panama nach Kolumbien kommst oder andersrum, schau hier.

Der Darién-Gap und die Gefahren des Dschungels für Flüchtende

Und der Dschungel ist eben doch nicht ganz durchdringlich und jene, die keine andere Möglichkeit sehen, durchqueren ihn doch: Flüchtende, Menschen, denen die legalen Wege nach Panama verwehrt werden, in den letzten Jahren vor allem aus Venezuela, gefolgt von Haiti, Ecuador und Kolumbien, doch es gibt auch größere Zahlen von Menschen aus Asien, z.B. Indien, Bangladesch & Afghanistan oder Afrika, z.B. Senegal, Kamerun oder Somalia. Gerade bei Haiti hatte ich bei der Recherche ein Fragezeichen, das Land liegt doch viel näher an den USA als der Darién-Gap. Doch viele Menschen aus Haiti waren nach dem schweren Erdbeben 2010 nach Südamerika geflüchtet, sehen sich hier aber vor immer mehr Problemen und suchen daher den Weg Richtung USA. 2021 waren es sogar ca. 60% Haitianer, die den Darién-Gap durchquerten.
Die Flüchtenden versuchen zu Zehntausenden, den Darién-Gap über Land zu überqueren, um von Panama dann weiter Richtung USA zu reisen (zumindest die meisten). Mal abgesehen davon, dass dann noch eine lange Reise durch Zentralamerika vor ihnen liegt und gerade an der Grenze zu den USA viele aufgegriffen und misshandelt werden, ist der Darién-Gap wohl die gefährlichste Stelle dieser Reise. Denn auf der über 100km langen Odyssee durch den Dschungel lauern nicht nur viele gefährliche Tiere wie Schlangen, fehlende Lebensmittel/Trinkwasser und Krankheiten wie Gelbfieber, sondern auch verschiedene kriminelle Banden wie Paramilitärs (z.B. Gulf-Clan), Guerillas (z.B. FARC) und Drogenbanden, die mit Menschenschmuggel Geld machen und skrupellos mit den Flüchtenden umgehen, sie bestehlen, vergewaltigen, etc.

Auch wenn es mit Sicherheit noch andere Routen gibt, ist die Hauptroute über die kolumbianische Stadt Necoclí, in der auch ich mit dem Boot ankam. Dort müssen die Flüchtenden häufig wochenlang warten, um mit dem Boot nach Acandí gebracht zu werden, wo sie die Wanderung durch den Dschungel beginnen, der sie bis nach Bajo Chiquito führt, wo sie von Hilfsorganisationen wie MSF oder UNICEF versorgt werden, wenn sie es bis dorthin schaffen.

Eine Mutter berichtete, dass sie 4000 US-Dollar bezahlte, um mit ihren Kindern und Schwiegermutter durch den Dschungel geführt zu werden, doch dass der Guide sie nach zwei Tagen alleine ließ und mit dem Geld umdrehte.

Laut der Regierung Panamas durchkreuzten in 2022 ca. 248.000 Menschen den Darién-Gap, darunter über 40.000 Kinder. Vor 10 Jahren waren es noch wenige Hundert. Und in 2023 wurde die Zahl vom Vorjahr bereits Ende Juli übertroffen, so die Vize-Direktorin der panamaischen Migrationsbehörde. Nach ihren Angaben waren ca. 20% minderjährig.

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben in 2022 mind. 36 Menschen, bei dem Versuch, den Darién-Gap zu durchqueren, doch die Dunkelzahl wird weit höher liegen, denn die meisten Menschen, die im Dschungel verloren gehen, nicht wieder auftauchen. Mit den gemeldeten Vermissten steigt die Zahl auf 137 an. Und auch das IOM selbst gibt an, dass dies nur die Registrierten seien und die Dunkelzahl um ein Vielfaches höher liegen dürfte.

Es gibt viele Artikel und auch Videos zu dem Thema, die ich gelesen habe und ich möchte euch die beiden folgenden empfehlen, falls ihr noch weiterlesen möchtet:
https://www.cfr.org/article/crossing-darien-gap-migrants-risk-death-journey-us

https://www.spiegel.de/ausland/migration-durch-den-darien-gap-die-mischung-aus-koerperlicher-erschoepfung-und-psychischer-belastung-ist-fatal-a-9bf25caa-5d2a-419a-ba5f-68e9eaa56a3a

Mit dem Boot von Panama nach Kolumbien

Das Ziel dieser Reise ist es ganz klar, nachhaltig unterwegs zu sein, deswegen bin ich mit Booten über den Atlantik getrampt, deswegen habe ich keinen Van gekauft, sondern reise per Anhalter oder im Reisebus und deswegen war für mich auch klar, dass ich von Panama nicht nach Kolumbien fliegen möchte.
Der Darién-Gap macht das nicht so einfach und hinzu kam noch ein gewisser Zeitdruck, um meine Schwester in Kolumbien zu treffen. Ein Boot zu suchen, mit dem ich Trampen kann, kam daher nicht in Frage, denn dafür braucht man immer Zeit und die Route von Panama nach Kolumbien ist nicht so stark befahren von privaten Segelbooten (viel von Touri-Segelbooten, die 500 Euro oder mehr kosten).
Zum Glück kannte ich über unsere große Hitchhiker-Community mehrere, die mit Schnellbooten entlang der Küste diese Reise schon gemacht hatten, denn eine Fähre gibt es nicht (mehr). Echt verrückt und fatal fürs Klima..

Doch es gibt entlang der Küste Panamas einige kleine Küstenorte, die eben auch wegen des Darién-Gaps nur per Boot zu erreichen sind (einzelne evtl. noch per Flugzeug). D.h. dass die Menschen von dort mit Booten reisen und dass auch die Versorgung mit Lebensmitteln hauptsächlich über Boote funktioniert. Und wenn es Boote gibt, die entlang fahren, dann gibts auch die Möglichkeit dort mitzufahren.
Um an der Küste entlang zu reisen, muss man zuerst von Panama-City zum Hafen von Cartí, den man mit Jeep erreichen kann. Ich fuhr so weit es ging mit dem Bus und trampte dann den Rest bist Cartí.
Ich hatte vorher zwei Kontakte bekommen von Booten, die direkt von Cartí zur Grenze fahren. Allerdings fahren die nicht sehr regelmäßig und ich hätte über eine Woche warten müssen, die ich nicht hatte. Also machte ich mich auf die unbekannte Reise in der Hoffnung, Boote entlang der Küste zu finden.
Am ersten Tag lief es sehr gut, ich kam nicht nur von Panama-City bis nach Cartí, sondern von dort noch nach Nargana. Bei einem Boot voller Benzinkanister konnte ich mitfahren, ein Boot voller Lebensmittel hätte mich sonst auch noch mitnehmen können.
Nargana ist eine kleine Stadt auf zwei Inseln, die mit einer Brücke verbunden sind. Dort verbrachte ich einen sehr schönen Abend mit den Einheimischen, die super lieb waren. Durch Rumfragen hatte ich erfahren, dass am nächsten Tag ein Boot vorbeikommen müsste, dass bis eine Stunde vor der Grenze fährt. Der Rest wäre dann ein Klacks gewesen, aber das Boot hielt leider entgegen der Aussage aller Einheimischen nicht in Naraganá und fuhr vorbei. Meine einzige Chance war weg und ich ein bisschen deprimiert. Ich würde noch einen Tag in Narganá bleiben müssen und wenn ich weiter so langsam vorankomme, verpasste ich den Geburtstag meiner Schwester in Kolumbien…
Doch dann gab mir ein Mann einen entscheidenden Tipp: Die Grenzpolizei hat einen Stützpunkt in Narganá und fährt manchmal zur Grenze. Also ging ich dort hin und tatsächlich fuhr am nächsten Tag ein Boot zur Grenze, dass mich mitnehmen konnte. Nicht nur war ich wieder im Rennen, um rechtzeitig nach Kolumbien zu kommen, sondern ich sparte mir auch noch 80 Dollar, die ich sonst fürs Boot bezahlt hätte.
Am Nachmittag war ich noch auf einem Geburtstag und zwei öffentlichen Feiern in Narganá eingeladen und ich werde das Dorf in sehr guter Erinnerung halten. Der Lehrer David lud mich zu sich nach Hause ein, wo ich übernachtete und am nächsten Tag fuhr ich dann mit zwei Polizeibooten bis nach Puerto Obaldia an der Grenze. Die Fahrt hatte es wirklich in sich. Nicht nur, dass wir ordentlich von Wellen durchgeschüttelt wurden, sondern wir kamen in ein ordentliches Gewitter, wurden über 30 Minuten komplett durchnässt und der Fahrer wusste zwischenzeitlich nicht wo er hinfuhr. Doch am Ende kam ich heile, wenn auch klitschnass, in Puerto Obaldia an, konnte mir meinen Stempel abholen und mit einem weiteren Boot über die Grenze nach Capurganá fahren, den ersten Ort in Kolumbien. Dort holte ich mir den Einreise-Stempel für Kolumbien und fuhr am nächsten Tag mit einer Fähre nach Necocli und von dort mit dem Bus nach Barranquilla, wo ich eine Stunde vor dem Geburstag meiner Schwester in der Bar ankam, sodass wir gemeinsam Reinfeiern konnten.

Wenn du eine genaue Beschreibung suchst, wie du mit dem Boot von Panama nach Kolumbien kommst oder andersrum, schau hier.