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Knapp eine Woche habe ich nun in Gibraltar verbracht. Genauer gesagt war ich die meiste Zeit in La Linea De La Concepción auf spanischer Seite.
In diesem Beitrag berichte von meinem Besuch auf dem Felsen von Gibraltar und gebe euch einige Tipps, falls ihr selbst mal dorthin wollt. Falls ihr nicht bald nach Gibraltar wollt und nicht so viel Zeit zum Lesen habt, überspringt die Tipps zu Gibraltar und lest lieber den zweiten Teil, der spannender ist! Dort berichte ich von meiner Suche nach einem Schiff, von vielen Mitstreiter*innen und dem „Dschungel“, in dem wir gecampt haben! Tipps zum Trampen über den Atlantik kommen in einem separaten Artikel.
Viel Spaß beim Lesen.

Besuch in Gibraltar: Absolute Empfehlung und ein paar Hinweise

Auch wenn ich vor allem nach Gibraltar kam, um dort ein Schiff über den Atlantik zu finden, wollte ich auf jeden Fall auch den berühmten Felsen sehen und auch wenn es extrem touristisch dort ist, kann ich den Besuch nur empfehlen.
Spannend wird es schon beim Betreten der Stadt – der gesamte Felsen ist im Endeffekt einfach eine Stadt plus ein paar Strände und Gibraltar hat eine der höchsten Bevölkerungsdichte weltweit. Sobald man über die Grenze kommt, merkt man, dass Gibraltar britisch ist. Es wird hauptsächlich Englisch gesprochen (man hört den britischen Akzent), die Währung ist Pfund und überall stehen rote Telefonzellen.
Trotz Brexit ist es ziemlich einfach, über die Grenze zu kommen, es reicht sogar der Perso und meiner Erfahrung nach werden Pass und Gepäck kaum kontrolliert (ich war etwas enttäuscht, dass ich keinen Stempel in meinen nagelneuen Reisepass bekommen konnte).
Direkt hinter der Grenze erstreckt sich die Landebahn vom Flughafen, über die man Richtung Stadt läuft. Wenn ein Flugzeug landet oder startet, wird die Landebahn gesperrt und man muss evtl. mal 10 oder 15 Minuten warten, bevor man weiterkommt.
Das Zentrum von Gibraltar ist wenig spektakulär und das Schönste vom Städtchen ist der Hafen. Es gibt ein paar alte Festungsreste und sonst etliche Shopping-Möglichkeiten in modernen Beton- und Glasbauten, die wenig ansehnlich sind. Auch die Häfen von Gibraltar sind nicht besonders schön und sehr touristisch. Aber gut, man besucht den Ort ja auch eher wegen des über 400m hohen Felsen, der direkt aus der Stadt herausragt und einen majestätischen Anblick überall aus der Stadt bietet.
Um in das Naturreservat zu kommen, welches den gesamten oberen Teil des Felsens und auch die Affen umfasst, muss man 16 Pfund Eintritt zahlen. Ein üppiger Touri-Preis, der sich aber lohnt. Auf dem Felsen gibt es neben den Affen, die man an verschiedenen Orten findet, noch einiges mehr zu entdecken:
Die Tropfsteinhöhle „St. Michaels Cave“ ist wirklich groß und beeindruckend. Leider ist sie aufwändig mit Lichtshow und Soundeffekten ausgestattet. Da ich aber schon einige natürlichere Tropfsteinhöhlen gesehen habe, fand ich es spannend und etwas witzig. Früher glaubte man, dass die Höhle bodenlos sei, sodass das Gerücht entstand, dass es eine unterirdische Verbindung von Europa und Afrika gibt. Durch diese seien auch die Berberaffen nach Gibraltar gekommen. Im zweiten Weltkrieg wurde in der Höhle ein Hospital eingerichtet, das aber nie in Betrieb ging.
Aus dem zweiten Weltkrieg gibt es auch noch einige Tunnel im gesamten Felsen, doch die meisten stammen aus deutlich früheren Zeiten. Der spannendste Tunnel, den auch ich besucht habe, ist der Siege-Tunnel. Dort kann man einige Kanonen und andere alte Waffen sehen und viel zu den Belagerungen von Gibraltar lernen!
Etwas unterhalb der Tunnel gibt es auch noch eine alte Festung, das Moorish Castle, mit tollem Panoramablick über die Stadt.
Das Highlight bleiben für mich aber doch die freilebenden Berberaffen, definitiv eine meiner Lieblingstierarten. Die Tiere halten sich vor allem an 2 Orten auf: in der Nähe vom absolut überbewerteten Skywalk und an der Bergstation der Seilbahn, denn dort können sie häufig etwas Essen von Touristen abgreifen. Sie haben sich sehr an die Anwesenheit der Touristen gewöhnt und sind flink darin, alles zu schnappen, was nicht gut gesichert ist. Ob ein Brötchen aus der Hand oder eine Packung Kekse aus den Rucksäcken, die sie selbst zu öffnen versuchen. Ich habe auch einige Affen beobachtet wie sie auf den Kopf oder Rücken von Touris gesprungen sind oder vor einem Shop warteten, um evtl. das gerade gekaufte Eis abzugreifen. Angeblich soll auch die Sammlung von Handys und Kameras beträchtlich sein, die die Affen schon geklaut haben.
Einige der Guides bringen extra kleine Snacks mit, um die Affen zu füttern und ihnen einen Handschlag oÄ zu entlocken. Da bin ich dann raus, das gefällt mir nicht. Ich beobachte die Affen lieber aus der Distanz und lasse sie in Ruhe. Steht auch überall, dass man die nicht füttern soll. Ich habe unter anderem auch deswegen meine Tour abgebrochen und bin auf eigene Faust weiter.

Tipps für Gibraltar

Um auf den Felsen zu kommen, gibt es vier Möglichkeiten: eine Seilbahn aus dem Stadtzentrum, geteilte Taxis inkl. Führung, Kleinbusse oder zu Fuß. Ich habe mich bequatschen lassen, mit anderen Touris ein Taxi zu teilen und würde es im Nachhinein eher nicht empfehlen, wenn man genug Zeit zum Laufen hat. Das Naturreservat ist teuer genug und sowohl Seilbahn als auch Taxis/Kleinbusse kosten nochmal ca. das gleiche. An den verschiedenen Orten gibt es viele Schilder mit Info-Texten, sodass es meiner Meinung nach auch die Guides nicht braucht, auch wenn die einem natürlich glaubwürdig verklickern, dass sich das lohnt.
Das Laufen ab der Stadt hoch zur Bergstation der Seilbahn dauert ca. 1,5 Stunden schätze ich und ist schon etwas anstrengend, weil man ca. 350 Höhenmeter macht. Dafür wird man dann aber mit einem fantastischen Ausblick über die Bucht und rüber bis nach Marokko belohnt und kann dort direkt die Affen bewundern, die häufig auch schon am Weg nach oben rumhängen. Danach ist es fast nur noch bergab. Für die Wege kann man einfach google-maps nutzen, andere Wege gibt es nicht.
Von der Bergstation aus sind es ca. 10 Minuten zur Tropfsteinhöhle und von dort ca. 1 Stunde zu Tunneln und Festung auf der Nordseite des Felsens. Dann nochmal 10 Minuten zurück ins Stadtzentrum, sodass man insgesamt in etwa 3 Stunden zwischen den verschiedenen Highlights läuft. Man kann auch mit den Tunneln auf der Nordseite starten und an der Höhle enden.
Der Aussichtspunkt auf der Südseite, der irgendwas mit Herkules heißt, lohnt sich überhaupt nicht, da der Blick von oben besser ist. Meines Erachtens ist dieser Punkt nur dafür da, um die Taxis zu rechtfertigen, weil man ja „niemals zu Fuß sowohl die Südseite als auch die Nordseite schaffen kann und es sich daher total lohnt, ein Taxi zu nehmen“…
In Gibraltar wird mit Pfund bezahlt, aber es lässt sich eigentlich alles mit Karte zahlen (auch Maestro), sodass es eigentlich nicht nötig ist, Geld an der Grenze zu tauschen.
Wer knapp bei Kasse ist, kann sich übrigens das Papier-Armband für das Naturreservat einfach aus den Mülleimern vor den Kontrollpunkten schnappen und am Arm festkleben (Klebeband wäre dafür hilfreich). Hat wohl bei einigen Trampern vor Ort funktioniert. Wenn man das Geld aber hat, finde ich es nur fair allen anderen gegenüber, den Eintritt zu bezahlen, auch wenn er hoch ist.

Die erfolgreiche Suche nach einem Schiff und das Leben mit anderen Segel-Trampern von Ort

Für die ersten Nächte in La Linea hatte ich mir ein Hostel gebucht und konnte so erstmal entspannt dort ankommen. Ich wusste noch gar nicht, ob ich wirklich am richtigen Ort war, wusste aber, dass eine Freundin vor 3 Jahren von hieraus gestartet ist.
Am Dienstagabend besuchte ich schon zwei Häfen und sah, dass einige Menschen Zettel aufgehangen hatten, um nach einem Schiff zu suchen. Ich machte also auch gleich einen eigenen Zettel und hing diesen am Mittwoch auf, bevor ich auf den Affenfelsen ging. Außerdem schrieb ich direkt alle Menschen an, deren Zettel ich fand, um mich auszutauschen. Einige antworteten nicht oder spät. Im Nachhinein weiß ich, dass ihre Zettel schon nicht mehr so aktuell waren und sie schon auf dem Weg waren. Doch ein Baske namens Mahats meldete sich zurück und wir trafen uns. Er erzählte mir, dass noch einige andere vor Ort waren, um nach einem Schiff zu suchen und dass einige von ihnen in einem „Dschungel“ campen. Ich kam sofort mit und konnte mich direkt mit ihnen austauschen, was auch in den nächsten Tagen total hilfreich und motivierend war.
Ab Freitag übernachtete ich dann auch in einer Hängematte in dem Wäldchen, das wir „Dschungel“ nennen und das direkt am Rand des Hafens ist. Seit einigen Jahren entsteht dort jedes Jahr ab September/Oktober ein Camp von einigen, die nach einer Mitfahrt auf die Kanaren suchen. Natürlich nicht ganz legal und die Polizei kommt wohl ab und zu vorbei, toleriert das aber.
Ich fand den Ort mega cool, da dort viele Gleichaltrige und Gleichgesinnte zusammenkommen und man sich total gut versteht und gegenseitig supportet! Alle freuen sich, wenn jemand anderes ein Boot findet und loskommt, obwohl man ja schon irgendwie auch in Konkurrenz steht. Wir haben einiges zusammen unternommen, gemeinsam gegessen, waren am Strand und einen Abend in Gibraltar zum Karaoke. Am Samstagabend habe ich ein bisschen Straßenmusik gemacht und Mahats, Sven, Dilan und Luka kamen extra ins Zentrum, um mich zu sehen 😊
Es gibt zwar mehrere Häfen in Gibraltar und La Linea, doch der Hafen „La Alcaidesa“ in La Linea ist schon der, von dem die meisten Richtung Kanaren starten, sodass wir meistens dort rumhingen und versuchten, mit Crews ins Gespräch zu kommen. Da wir nicht auf die Stege selbst kamen, hielten wir uns davor auf, sprachen Leute an, ich spielte Gitarre und wenn es mal möglich war, schlüpften wir auf die Stege, weil das deutlich hilfreicher war.
Am Donnerstag war der erste Tag, an dem ich Leute ansprach, und es ergaben sich gleich zwei eventuelle Möglichkeiten. Ich sprach erst mit Manuela, die mit ihrem Mann und den beiden Söhnen das gemeinsame Haus in Deutschland verkauft hat und seit über 1 Jahr auf einer Segelyacht rumreist.
Später sprach ich mit Silke, die mit ihrer Schweizer Familie seit 4 Monaten auf Weltreise mit dem eigenen Katamaran ist. Auch sie haben in Zürich alles aufgelöst und sind auf unbestimmte Zeit unterwegs.
Beide Familien hatten eigentlich nicht vor, eine Person mitzunehmen, doch wir verstanden und jeweils sehr gut und blieben in Kontakt. Am Freitagabend war ich bei Manuela, Christoph, Theo und Alfred auf dem Segelboot eingeladen und wir hatten einen schönen Abend. Die vier spielen auch Doppelkopf und wir haben von vielen Dingen in Politik etc. ähnliche Vorstellungen. Nach dem Abend hatte ich meine erste mögliche Mitfahrgelegenheit. Theo wäre auf einem Buddy-Boot, mit dem sie zusammen reisen, mitgefahren, damit ich bei ihnen Platz gehabt hätte. Ich bin immer noch dankbar dafür und konnte mir sehr gut vorstellen, mit ihnen mitzufahren. Wir hätten mit Sicherheit eine supergute Zeit gehabt und ich hoffe wir sehen uns noch wieder!
Doch da sie nicht wussten, wann sie losfahren wollen, mit ihrer kleinen Yacht gutes Wetter abwarten wollten und noch ein paar Zwischenstopps in Marokko machen wollten, hätte es einige Zeit gedauert bis ich auf den Kanaren gewesen wäre.
Als sich dann am Sonntag Silke meldete und sagte, dass sie am Montag ablegen wollen und ich mal vorbeikommen solle, kam das also gelegen. Zum Glück passte es auch mit ihrem Mann Fedi und den Kids Stella und Siro super und so entschied, der Familienrat, dass ich mitfahren darf, nachdem ich erzählen konnte, dass ich einige Segelerfahrung habe und mexikanische Musik auf der Gitarre gespielt hatte. (Silke und Fedi waren vor 20 Jahren mal für ein paar Monate in Mexiko)
Nun kann es morgen also losgehen und ich freue mich sehr, nun in diesen Teil der Reise zu starten!

Ich bin happy, dass ich so schnell ein Boot gefunden habe. Auch wenn es hier im Dschungel echt schön ist, es tolle Strände gibt und heute noch einige neue angekommen sind, die echt cool sind, zieht es einen doch weiter und ich habe gemerkt, dass ich nicht so richtig entspannt bin und ich glaube so geht es auch den anderen. Wann immer man zB am Strand ist, denkt man, dass man ja auch am Hafen sein und evtl. genau die Begegnung haben könnte, die ein Schiff besorgt. Schon eine Geduldprobe, diese Art zu reisen.
Nun freue ich mich auf meinen letzten Abend im Camp, den ich nun ganz anders genießen kann. Ich will die Gitarre rausholen und wir wollen in großer Runde singen. Mittlerweile sind wir fast 20 Menschen hier, nachdem wir 6 waren als ich ankam. Auch deswegen gut, dass ich jetzt wegkomme 😊
Ich bin aber auch sicher, dass die anderen bald ein Boot finden werden. Gerade ist genau die Saison dafür und die beginnt gerade erst. In den letzten Wochen waren auch schon viele hier, die es soweit ich weiß alle geschafft haben. Manche starten sehr bald nach Ankunft in Gibraltar: Rekord waren zwei Französinnen, die nachmittags ankamen und nachts mit einem Boot losfuhren. Andere sind schon lange hier und warten darauf, dass das Boot startet, bei dem sie mitfahren können. Julio, ein Spanier, ist schon sehr lange hier. Er ist mit seinem Hund unterwegs, was die Suche natürlich enorm schwierig macht. Aber Julio scheint das entspannt zu sehen und in sich selbst zu ruhen. Er lebt seit über eineinhalb Jahren in der Natur und campt mit seinem Hund Sky im Wald oder Gebirge. Ich drücke ihm die Daumen, dass er auch noch eine Möglichkeit findet!
Dass ich so schnell ein Boot gefunden habe, liegt vermutlich auch daran, dass ich ein ganz gutes „Profil“ habe: Insbesondere meine Segelkenntnisse (die meisten hier sind noch nie gesegelt), die verschiedenen Sprachen, die ich spreche, und meine Gitarre sind große Pluspunkte, denke ich. Mehr Gedanken dazu in meinem Blogbeitrag zum Trampen über den Atlantik inkl. einigen Tipps!
Wenn man hier im Camp ist, kriegt man übrigens den Eindruck als sei es das natürlichste der Welt, mit Segelbooten über den Atlantik zu trampen. Nicht wenige – teilweise erst 19 Jahre alt – haben den Plan, die ganze Welt zu umreisen, ohne das Flugzeug zu nutzen und ohne Geld für Transport auszugeben. Inspirierende Menschen und viele tolle Begegnungen. Ich bin schon gespannt, wen ich auf den Kanaren kennenlerne!