Den zweiten Teil der Atlantik-Überquerung mache ich nach einigem Hin und Her wieder mit Familie Baici und bin sehr froh darüber, da wir uns blendend verstehen!
Nachdem ich schon abfahrbereit auf dem Boot von Jack und Jill aus Texas war, verzögerte sich die Abfahrt durch Krankheit und Wetter mehrmals, sodass ich dann entschied, wieder auf dem Katamaran mitzufahren, auf dem ich schon so gute Erfahrungen gemacht habe. Mein Kumpel und Schulfreund Jakob ist als Boat-Hitchhiker auch auf die Kanaren gekommen und kann auch bei uns mitfahren – das ist natürlich mega cool, diese Erfahrung gemeinsam zu machen. Ab Cap Verde kommt dann noch Peter, ein Freund der Familie, dazu, über den ich noch nicht mehr weiß – bin gespannt und freue mich. Das heißt von Cap Verde bis in die Karibik werden wir dann zu siebt sein!
Hier lest ihr mein Tagebuch von der Überfahrt von Gran Canaria bis nach Cap Verde, viel Spaß beim Lesen.
Tag 1:
Heute sind wir endlich losgesegelt. Nachdem ich lange in Gran Canaria war, ist es schön, jetzt wieder auf dem Wasser zu sein 😊
Die letzten Tage waren sehr anstrengend mit all den Vorbereitungen und wir haben wenig geschlafen, deswegen sind alle heute früh ins Bett. Auch weil es ab jetzt wieder Nachtschichten gibt: im Vergleich zur Fahrt von Gibraltar auf die Kanaren sind wir mit Jakob nun eine Person mehr für die Wachen. Daher machen wir 2,5 Stunden Schichten 😊
Ich bin gerade von 3 – 5:30 Uhr dran. Wobei ich etwas zu spät kam:
Meine Uhr ist auf die deutsche Zeit zurückgesprungen (+1) kurz bevor der Wecker klingeln sollte, sodass er gar nicht geklingelt hat. Als ich hochgeschreckt bin und mich tausend Mal bei Jakob entschuldigt habe, hat er gar nicht verstanden warum, weil ich nur 15 und nicht 75 Minuten zu spät war 😃
Zum Abendessen hab ich Vegane Mac and Cheese gemacht, ein tolles Rezept von meiner Freundin Lioba. Scheint allen gut geschmeckt zu haben, was mich freut. Denn Baicis essen schon gerne Mal Fleisch (wenn auch nicht ständig), während Jakob und ich in Deutschland vegan kochen. (er ist definitiv konsequenter als ich, auf der Reise isst Jakob vegetarisch und ich auch mal Fleisch)
Ich lerne jetzt noch etwas Portugiesisch und freue mich dann, wieder zu schlafen 😊 aber nicht ohne nochmal 5 Minuten aus Jakobs und meinem Fenster die Leuchtalgen zu bewundern 😍 das hab ich heute Abend schon mit den Kids aus ihrer Koje gemacht
Tag 2:
Ich bin richtig glücklich aufgewacht heute. Nach meiner Nachtschicht und den anstrengenden letzten Tagen hab ich bis halb 12 geschlafen und mein erster Blick war auf das sonnengeflutete, offene Meer – was will man mehr 😃
Zum Frühstück hab ich Guacamole und Obstsalat gemacht, zusammen mit dem letzten frischen Brot und spanischem Käse war das sehr fein (Schweizer Wort für lecker) 😊
Heute Nachmittag haben wir das Segel gewechselt und fahren jetzt mit einem Vorwindsegel. Die Windrichtung ist relativ konstant und auch die Windstärke ist ok, auch wenn sie etwas abgenommen hat und ein bisschen mehr Wind schön wäre.
Nach einem wundervollen Sonnenuntergang hab ich Gitarre gespielt und wir haben gesungen. Später hab ich noch mit Siro und Stella Eile mit Weile gespielt – eine Schweizer Version von Mensch Ärgere Dich Nicht.
Durch unser 2,5h Schichtsystem hat man die Schichten immer anders, das ist ganz cool 😊
Gerade muss ich noch bis halb 2 und dann Falle ich todmüde ins Bett. Die Zeit während der Wache nutze ich für Portugiesisch. Bin gespannt wie viel ich schon kann wenn wir auf Cap Verde ankommen 😊
Tag 3:
Heiligabend auf dem Atlantik fühlt sich an wie in einer Paralellwelt, aber einer sehr schönen!
Ich habe das Gefühl, gar nicht in Worten beschreiben zu können wie besonders es ist, auf offenem Meer mit einem Boot unterwegs zu sein und nur vom Wind angetrieben zu werden. Aufzuwachen mit einem Blick übers Meer und in den Schlaf gewogen zu werden von den wogenden Wellen 😊
Und das auch noch an Weihnachten mit einer neuen Familie – ich gehöre mittlerweile dazu sagen Baicis ☺️
Wir haben heute morgen richtig Speed gemacht und bis zu 10 Knoten Geschwindigkeit erreicht 😍
Seit Nachmittag ist aber Pause und wir tuckern mit 3 Knoten über den Atlantik.
Wir haben Plätzchen gebacken, Gitarre gespielt und gesungen und hatten ein sehr leckeres und schönes Abendessen.
Geschenke gab es natürlich auch. Jakob und ich haben den Kids ein Spiel geschenkr (genau das wollte Stella unbedingt schon mal haben, guter Zufall ✌🏻) und Silke & Fedi Glas-Strohhalme fürs Schiff. Ich habe Rocher und einen Anhänger von Stella bekommen ☺️☺️
Vorher hab ich gedacht, dass ich mich an Weihnachten vlt nach Hause wünsche, aber gerade habe ich das Gefühl am genau richtigen Ort zu sein 🥰
Kleines Manko: wir hatten eben einen Kabelbrand 😮 zum Glück haben Baicis einen Rauchmelder im Motorraum angebracht, der uns frühzeitig gewarnt hat. Ist nichts schlimmeres passiert, aber wir sind nicht sicher ob wir den Generator noch nutzen können 😱
Tag 4:
Hab heute nochmal lange geschlafen, nachdem ich in meiner Schicht den Sonnenaufgang gesehen habe. Gibt wohl keinen schöneren Ort als auf dem Ozean die Sonne auf- und untergehen zu sehen. Es ist nichts im Weg und man kann am Horizont genau beobachten wie der Leuchtball auftaucht und nach vielen Stunden der Erleuchtung wieder verschwindet 😊
Wir sind jetzt noch mehr von der Sonne abhängig, da unser Generator nach dem Kabelbrand nicht mehr funktioniert. Zur Not könnten wir aber den normalen Motor anmachen zur Stromgewinnung. Solange die Sonne aber zuverlässig ballert, ist das nicht nötig 😊
Fedi und Siro haben heute morgen 2 Fische gefangen als ich geschlafen hat. Es ist zum Running Gag geworden, dass man mit mir keine Fische fangen kann. Es wird sogar gemunkelt dass ich die Fische vorwarne 😃
Ein sehr großer Schwarm Delfine kam auch vorbei – pünktlich zu Weihnachten. Bin aber nicht sicher, ob denen das Fest so wichtig ist 😃
Tag 5:
Der zweite Weihnachtstag war ganz anders als der erste. Der Wind hat stark zugenommen, wir haben bis zu 30 Knoten Wind 😳 haben also die Segel gerefft (Segelfläche verkleinert) und sind trotzdem noch sehr schnell: bis zu 11 Knoten 💪
Mit Wind kommt Welle, sodass wir ordentlich durchgeschaukelt werden und Teile der Crew seekrank sind. Vor allem die Kids hats erwischt.
Mir machts Spaß wenn es ein bisschen actionreicher ist und sich das Boot ordentlich bewegt, aber es war schon schöner als wir die letzten Tage alle fit an Deck waren, entspannt kochen und backen konnten. Den Cookie-Teig, den die Kids und ich gestern vorbereitet haben können wir aktuell nicht backen. Durch den Kabelbrand im Generator und die fehlende Stromproduktion bei wolkigem Himmel, müssen wir erstmal Strom sparen. Außerdem wackelt es zu sehr.
Leider funktioniert das Internet über Satellitentelefon, das ich noch im Hafen eingerichtet habe, nicht, sodass wir keine aktuelleren Wetterdaten haben. Aber wir haben eben ein französisches Boot in der Nähe angefunkt und die meinten, dass sich das Wetter heute Nacht beruhigen soll.
Tag 6:
Heute morgen sah es so aus, als würde sich die Vorhersage der Franzosen bewahrheiten, aber mittlerweile wurden wir eines besseren belehrt. Der Wind bleibt sehr stark, die Wellen wurden noch größer.
Heute Nacht sind mehrere Fliegenge Fische an Bord gesprungen/geschwemmt worden. Wir haben sie eingefroren und verfüttern sie beim nächsten Delfinbesuch. Die anderen haben auch schon einige fliegende Fische gesehen, ich hatte noch nicht das Glück. Die „Flügel“ von den toten Fischen sehen aber echt spektakulär aus. Bin gespannt wie sie damit „fliegen“.
Da das Wetter so schwierig bleibt und Strom knapp ist, ist erstmal kein Kochen möglich. Wir essen also hauptsächlich Müsli, Bagel mit Avocado und frisches Obst. Von letzterem haben wir noch ganz viel, da waren wir optimistisch beim Einkauf 😃
Ich bin heute mit den Grammatik-Lektionen durch, die ich mir für die Fahrt bis Cap Verde gedownloaded habe, macht Spaß und freue mich schon, es anzuwenden. Außerdem hab ich schon einige Folgen Netflix geschaut (Designated Survivor, wirklich spannend), Mundharmonika geübt, Fotos aussortiert, ein Lied für die Crew geschrieben und mit einem Hörbuch Astrologie gelernt. Sehr passend, weil der Sternenhimmel hier einfach umwerfend ist!!
Gemeinsam hören wir viel Musik, die Kids sind große Fans von einer spanischen Band geworden, die ich auch vor kurzem erst entdeckt habe: La Pegatina. Und Das Lumpenpack finden sie auch sehr cool 😃 von denen hab ich ihnen einige Songs auf der Gitarre vorgespielt.
Tag 7:
Die Wellen sind noch höher geworden während des Tages und wir wurden echt ordentlich durchgeschaukelt und etwas vom Kurs abgebracht. Den Kids geht’s aber wieder gut und so haben wir viel gescherzt heute 😊
Am Großsegel hats eine Konstruktion zerrissen, die Fedi in Las Palmas improvisiert hatte. Zum Glück kamen die Ersatzteile in letzter Minute doch noch an (wir sind dafür sogar noch ein Stückchen umgedreht als wir schon aus Las Palmas gestartet waren). So können wir die Teile auf Cap Verde einbauen. Bis dahin fahren wir nur mit Vorsegel.
Heute habe ich die fliegenden Fische auch gesehen und wie viele! Mega beeindruckend und cool zu sehen 😍
Gegen späten Abend haben die Wellen etwas abgenommen und ich habe Pasta gekocht. Die erste warme Mahlzeit seit 3 Tagen hat sehr gut getan 😊 wir freuen uns alle riesig auf ein Restaurant in Mindelo 😍 morgen kommen wir an – allerdings wohl leider erst im Dunkeln.
Am Freitag kommt Peter dazu, das siebte Crew-Mitglied für die Überfahrt in die Karibik ☺️
Tag 8:
Wir sind gerade vor Anker in Mindelo auf Sao Vicente und sind gut angekommen. Morgen können wir in den Hafen und freuen uns schon alle aufs Land! Heute wurde das Wetter wieder etwas besser und wir haben nochmal einige Delfine gesehen und Schwärme von fliegenden Fischen 🙂
Wir wissen noch nicht, wie lange wir auf Cap Verde bleiben werden, aber ich halte euch auf dem Laufenden. Erstmal freue ich mich jetzt auf das erste Land außerhalb Europas und die vielen Eindrücke, die uns erwarten. Insbesondere Silvester soll in Mindelo wahnsinnig groß und toll sein. Ich werde berichten.
Euch allen einen guten Rutsch und alles erdenklich Gute für 2023!