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Panama war für mich vor allem ein Durchreiseland, denn Marieke reiste aus Costa Rica zurück und schon zwei Wochen später war ich mit meiner Schwester in Kolumbien verabredet. Doch genau die Reisen waren es, die Panama so spannend machten. In diesem Beitrag schreibe ich daher einiges über den Panama-Kanal und wie ich im Segelboot durch den Kanal trampte.

Im nächsten Blogbeitrag schreibe ich dann über den Darién-Gap und wie ich mit dem Boot in 4 Tagen von Panama nach Kolumbien reiste, um nicht zu fliegen. Denn zwischen Panama und Kolumbien gibt es ein so unüberwindbares Gebirge mit Regenwald, dass es keine Straße über die Grenze gibt!
Wenn du dich für den Darién-Gap interessierst, findest du hier den Blogbeitrag.

Zwei Paradiesische Orte in Panama

Bevor ich zum Panama-Kanal komme, zunächst noch ein Bericht über zwei schöne Orte, die ich in Panama besuchte.

Von Costa Rica kam ich im Nordwesten über die Grenze nach Panama. Daher bot sich ein Besuch auf den Inseln von Bocas del Toro an.
Bocas del Toro ist der Name einer Region Panamas und ihrer Hauptstadt auf der Insel Colón. Doch Reisende nutzen den Namen meist synonym für die Inseln der Region.
Kurzer Exkurs: eine Insel heißt übersetzt Kolumbus, eine andere Christoph. Ich finde es erschreckend und befremdlich, dass es viele Orte in Zentralamerika gibt, die noch nach Kolumbus benannt sind, nach dem Leid, dass er und die Spanier brachten. Ein klares Zeichen, dass die Geschichte noch lange nicht aufgearbeitet ist.. Zum Beispiel heißt die Währung von Costa Rica auch Colón und es gibt eine Bus-Linie aus Guatemala, die sich Cristobál Colón nennt.
Zum Glück gibt es noch viele andere Inseln in der Ecke und die schönsten trugen andere Namen.

Ich kam an einem Donnerstag im Ort Bocas del Toro an, der für sein Nachtleben bekannt ist, und musste mich gleich entscheiden, ob ich beim legendären Filthy Friday teilnehmen möchte: Jeden Freitag findet auf drei verschiedenen Insel eine sehr populäre Party statt, die mit dem Sunday Funday in Nicaragua als beste Party Zentralamerikas (unter Touris) gefeiert wird. Die Party beginnt um 11 Uhr und man wird zu verschiedenen Locations kutschiert. Letztlich hielt mich vor allem der Preis von 45 Dollar (Getränke nicht enthalten, nur Shots) davon ab. Spannend gefunden hätte ich es schon, aber vermutlich hätte ich den Altersdurchschnitt klar gehoben 😀
Gleichzeitig lernte ich eine Gruppe von vier super coolen Spanier*innen kennen, mit denen ich eine Bootstour machte und dann abends so Feiern ging. Die Bootstour war super cool und wir verstanden uns bestens. Highlight war die atemberaubend schöne Insel „Zapatillos“, auf der nur die 12 Personen aus unserem Boot waren! Auf den Bootsfahrten spielte ich Gitarre, außerdem gingen wir Schnorcheln. Da das Essen super teuer war und ich keine Vorbereitungszeit hatte, teilten Ines, Monika, Azier und Pablo ihr Mittagessen mit mir. Die 4 waren echt super lieb und wir verbrachten auch am nächsten Tag noch einige Zeit zusammen!

Am zweiten vollen Tag erkundete ich die Insel Colón und machte eine wunderschöne Wanderung zum Seestern-Strand. Alle Strände auf dem Weg dorthin waren leer und paradiesisch. Nur der Seestern-Strand selber war voller Touristen, die in Booten hierher kutschiert werden. Aber dafür konnte ich echt große Seesterne sehen 🙂
Abends traf ich noch Alessandro aus der Schweiz, den ich in Costa Rica kennengelernt habe und nach einem zweiten langen Abend in Bocas del Toro fuhr ich am nächsten Tag weiter zum Lost & Found Hostel. Das Hostel wurde vor einigen Jahren von zwei Kanadiern gestartet und liegt mitten im Regenwald auf 1250 Meter Höhe. Da ich viel Gutes über das Hostel gehört hatte und ich abgelegene Hostels wegen der familiären Atmosphäre mag, schaute ich für zwei Nächte hier vorbei und hatte eine sehr gute Zeit. Mitten im Dschungel gelegen, aber gleichzeitig in den Bergen, bietet das Hostel wirklich fantastische Ausblicke und tolle Wandermöglichkeiten. Abends essen alle Gäste gemeinsam zu Abend.
Am ersten Tag chillte ich im Hostel und machte eine kurze Wanderung im Regenwald und am zweiten Tag machte ich mit 4 anderen Reisenden einen Ausflug: erst zu einem wunderschönen 40m hohen Wasserfall und dann zu einem kleinen natürlichen Canyon zum Abkühlen. Am Wasserfall waren wir die Einzigen und am Canyon waren ca. 10 andere Menschen, sodass wir diese beiden wundervollen Orte sehr genießen konnten!

Vom Lost & Found trampte ich abends bis in die Stadt David, wo ich Alessandro ein letztes Mal traf und dann mit dem Nachtbus nach Panama-City fuhr.

Der Panama-Kanal und seine schwierige Geschichte

Kurz nach der Ankunft der Spanier in Costa Rica und Panama, entdeckte der Offizier Vasco Nunez de Balboa den Pazifischen Ozean, den er damals „Südmeer“ nannte. So steht es in vielen Texten, ist aber natürlich Bullshit. Vor ihm hatten schon Tausende Ureinwohner*innen den Pazifik gesehen, doch sie waren halt nicht weiße Europäer*innen. Tatsächlich konnte Balboa nur durch Beschreibungen von Einheimischen zum Pazifik reisen.
Wie dem auch sei, schon kurze Zeit später entstand zum ersten Mal die Idee eines Kanals durch Zentralamerika. Favorisiert wurde damals aber tatsächlich eher ein Durchbruch in Nicaragua, da man dort über den Rio San Juan bis in den Cocibolca-See kommen kann und dann nur noch ca. 20km bis zum Pazifik überbrückt werden müssten.

Es sollte allerdings fast 400 Jahre dauern bis die Idee eines Kanals durch Zentralamerika in Panama Realität wurde. Dass es nicht in Nicaragua passierte lag zum damaligen Zeitpunkt vor allem an Grenzkonflikten mit Costa Rica, da der Fluss San Juan beide Länder von einander trennt. Und natürlich spielten die Interessen der USA eine große Rolle, die Panama Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zur Unabhängigkeit verhalfen und dort ihren Einfluss klarer durchdrücken konnten.
Im Jahr 1881 begann eine französische Delegation mit dem Einverständnis Kolumbiens, zu dem Panama damals noch gehörte, die Bauten für einen Kanal. Nach dem wirtschaftlichen Erfolg des 1869 eröffneten Suez-Kanals gingen in Frankreich viele davon aus, dass es in Panama ähnlich möglich sei, einen schleusenfreien Kanal zu bauen. Doch nach vielen Diskussionen im Parlament und mehreren Investitions-Erweiterungen, mussten sie feststellen, dass es ohne Schleusen nicht ging. Zusammen mit Gustave Eiffel sollten daraufhin Schleusen gebaut werden. Doch 1889 stellten die Franzosen schließlich die Bauarbeiten nach Planungsmängeln, falscher geologischer Untersuchungen, schlechter Planung, Bestechung und zahlreichen Pannen ein. Nicht zuletzt trug auch ein Massensterben dazu bei. Mind. 22.000 Menschen starben zwischen 1881 und 1889 beim Bau an Malaria oder Gelbfieber, Krankheiten, die damals noch nicht bekannt und erforscht waren. Französische Ärzte empfahlen, dass man die Bettpfosten der Arbeiter in Wassereimer stellen sollte, doch diese Eimer wurden zu Brutstätten für die Malaria-Mücken, die die Verbreitung nur noch rasanter machten.

Für 3 Äpfel und 1 Ei kauften die USA Ende des 19. Jahrhunderts die bisherigen Fortschritte von der französischen Kanal-Gesellschaft ab. Als Kolumbien sich querstellte und den USA den Kanal nicht genehmigen wollte, marschierten die USA kurzerhand in heutigen Panama ein und erklärten dessen Unabhängigkeit (natürlich ist das etwas verkürzt dargestellt, aber so in etwa waren die Zusammenhänge). Im sogenannten Hay-Bunau-Varilla-Vertrag sicherten die USA sich die uneingeschränkte Kontrolle des gesamten Kanalgebiets von ca 84.000 Hektar, die sie erst 1999 vollständig an Panama abgaben. Im Gegenzug sicherten sie Panama die Unabhängigkeit zu.

1914 beendeten die USA die Bauarbeiten am Kanal und als erstes Schiff durchquerte ein kleiner Frachter mit dem Namen „Cristobal“ (wie auch sonst) den Kanal. Am gleichen Tag (3. August) brach der erste Weltkrieg aus, sodass die Feierlichkeiten verschoben wurden.

Schnell wurde der Kanal sehr frequentiert und hat sich zu einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt entwickelt, die für den Welthandel unabdingbar geworden ist. Das Fehlen der Alternativen zum Kanal macht sich auch in den exorbitanten Preisen zum Durchqueren bemerkbar (allein für ein Segelboot ca. 2000 Dollar), von denen über Jahrzehnte vor allem die USA profitierten. Heute ist der Kanal die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle von Panama und sorgt dafür, dass die Hauptstadt mit ihren vielen Bankentürmen nicht wie eine klassische, zentralamerikanische Hauptstadt aussieht.

Ab durch den Kanal

Um den Kanal zu durchqueren, muss man durch 3 Schleusen hoch in den Gatun-See, dann 82km fahren und danach wieder 3 Schleusen runter. Damit in beide Richtungen gleichzeitig Schiffe fahren können, gibt es jeweils ein Paar von Schleusen, außerdem wurden vor ein paar Jahren noch neuere Schleusen fertiggestellt, sodass es insgesamt 18 Schleusen gibt, von denen man aber wie gesagt nur 6 passiert.
Je nachdem zu welcher Tageszeit man den Kanal durchquert (das muss Tage vorher angemeldet werden), ankert und übernachtet man im Gatun-See und der*die Lots*in kommt am nächsten Morgen wieder an Bord. Bei Containerschiffen ist das etwas anders, die fahren in der Regel auch in der Nacht durch, zahlen dann aber auch entsprechend mehr für den Lotsen, der in der Nacht arbeitet. Denn Containerschiffe sind viel schneller als Segelboote durch den Kanal durch und bei ihnen geht es darum, möglichst schnell an einem Ort anzukommen, um Waren im Wert von enormen Summen auszuliefern.
Ein*e Lots*in ist übrigens Pflicht und einer der Gründe, warum es so teuer ist, den Kanal zu durchqueren. In der Schifffahrt bezeichnet Lots*in eine Person, die an Bord eines Schiffes kommt, um für eine schwierige Passage Hinweise zu geben, wie das Schiff manövrieren muss. Das kann die Einfahrt in einen großen Hafen sein oder eben auch ein Kanal.

Alles ziemlich spannend, fand ich, als ich nach Panama kam und ich wusste, dass ich versuchen will, mit einem Boot durch den Kanal zu fahren. Ich hatte zwar nicht viel Zeit, aber dafür viel Glück 🙂
Als ich in Panama-City ankam, stellte ich nur meine Sachen ab und fuhr in die Shelter Bay Marina, die im Gegensatz zu Panama-City an der Karibik-Seite des Kanals liegt. Der Hafen liegt recht abgelegen und war umständlich und nur per Anhalter zu erreichen (Taxi kam sowohl wegen des Preises als auch aus Umweltgründen nicht in Frage für mich).

Als ich um 13 Uhr im Hafen ankam, brauchte ich nur eine Stunde, um ein Boot ausfindig zu machen, dass noch am gleichen Tag in den Kanal fahren wollte. Ich verstand mich gut mit dem Kapitän Henrik aus Südafrika, doch er sagte mir dann, dass er schon 5 Personen für den Kanal angemeldet hatte. Als ich aber länger am Steg mit seiner Crew sprach und mich gut mit ihnen unterhielt, überlegte er es sich zum Glück anders und es war auch im Nachhinein kein Problem, dass eine Person mehr an Bord war. Eine halbe Stunde später um 15 Uhr ging es schon los! Zusammen mit Steven, auch aus Südafrika, Louise aus England, Laura aus Frankreich und Max aus Deutschland machten wir uns auf den Weg durch den Kanal. Max und Laura sind auch mit Segelbooten über den Atlantik getrampt und wir haben einige gemeinsame Freunde. So verstanden wir uns super und hatte eine gute Zeit.
Die Fahrt durch den Kanal dauerte länger als ich dachte, denn die reine Fahrtzeit beträgt so ca. 8 Stunden. Wir mussten aber erst noch bestimmt 2 Stunden vor der Schleuse auf den Lotsen warten, sodass schon die Dunkelheit anbrach als wir durch die Schleusen fuhren. Die Schleusen sind definitv das spannendste am Kanal. Wir fuhren gemeinsam mit einem großen Containerschiff, einer Motoryacht und einem Segelboot durch die Schleusen. Das Containerschiff vor uns, damit es nicht von hinten auf uns draufgedrückt werden kann. Wir fuhren mit dem anderen Segelboot im Päckchen durch, d.h. dass wir uns aneinander banden. So mussten wir als das rechte von beiden Booten nur zwei Leinen von Steuerbord annehmen und das andere Boot nur von Backbord. Die Leinen werden an unserem Boot und am Rand der Schleuse angebracht, damit wir bei der starken Strömung, die durch das zuströmende Wasser entsteht, nicht gegen die Wände gedrückt werden. Bei den Containerschiffen werden diese Leinen nicht von Menschen gehändelt sondern mit großen Maschinen, die auf Schienen nebenherfahren.

Als wir die drei Schleusen passiert hatten und ca. 30m höher waren, fuhren wir zu einer Boje, an der wir uns über die Nacht festmachten und der Lotse ging von Bord. Am nächsten Morgen sollten wir um 6:30 Uhr bereit sein und standen früh auf, wir mussten aber bis 9 Uhr warten bis der Lotse kam und dann noch die 82km durch den Kanal fahren. Also kamen wir erst gegen Nachmittag bei den Schleusen an, die uns dann runter in den Pazifik beförderten. Hier wurde uns von einer Tribüne von vielen Touristen zugeschaut und da die Strömungen beim Runterschleusen anders sind, war dieses Mal ein großes Containerschiff hinter uns, statt vor uns. Unser Ausblick über die Schleusen war phänomenal.
Insgesamt war die Fahrt durch den Kanal ein absolut spannendes Erlebnis und für mich als Segler wirklich ein Highlight! Schon beeindruckend, was Ingenieur*innen schon Anfang des 20. Jahrhunderts bauen konnten. Doch ein Beigeschmack beim Kanal bzgl. seiner Historie bleibt und ich finde es wichtig, das zu wissen.